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Aus: Ausgabe vom 12.02.2024, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Zinkabbau in Bolivien

Beijing baut Zinkraffinerie

Bolivien und China schließen Finanzierungsabkommen für Rohstoffgewinnung. Einfluss der Volksrepublik weitet sich in Andenregion aus
Von Volker Hermsdorf
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Mit dem Bau der Zinkraffinerie wächst das Engagement der Volksrepublik in der Andenregion (Minenarbeiter in Hampaturi)

Bolivien und China verstärken ihre Rohstoffkooperation. Am vergangenen Dienstag unterzeichneten Regierungsvertreter beider Länder in der im Hochland des Andenmassivs gelegenen Bergbaustadt Oruro ein Finanzierungsabkommen über 350 Millionen US-Dollar für den Bau einer Zinkfabrik. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Abi wird die Raffinerie innerhalb der nächsten Monate auf dem Gelände der 2007 unter der Regierung des linken Präsidenten Evo Morales verstaatlichten »Empresa Metalúrgica Vinto« errichtet. Der Betrieb soll zur Zweihundertjahrfeier der Unabhängigkeit Boliviens im Jahr 2025 aufgenommen werden. Bau und Überwachung der Zinkraffinerie wurde den chinesischen Unternehmen Consorcio Enfi-Crig und Chongqing Cisdi Engineering Consulting Co. Ltd. übertragen.

Boliviens Präsident Luis Arce erklärte nach der Unterzeichnung, er sei zuversichtlich, dass dieses Projekt dazu beitragen werde, »unseren Mineralien einen Mehrwert zu verleihen, menschenwürdige Arbeitsplätze zu schaffen, die regionale Entwicklung durch die Industrialisierung zu fördern und so im Departement Oruro ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erreichen«.

Die Anlage soll pro Jahr 150.000 Tonnen Zinkkonzentrate verarbeiten können, um eine Produktion von 65.000 Tonnen metallischem Zink (MTF) sowie von Nebenprodukten wie Indium, Gallium und Silber für den Verkauf auf dem internationalen Markt zu erzielen. Konkret würden in der Bauphase 800 zeitlich befristete Arbeitsplätze und danach 500 dauerhafte Arbeitsplätze sowie mehr als 2.000 indirekte Arbeitsplätze bei Zulieferern und Dienstleistern entstehen, hieß es. Neben den Erträgen aus dem Export versprechen sich die Regierung und Gemeinden, die Zinkkonzentrate produzieren, höhere Einnahmen aus Steuern und Lizenzgebühren.

Bolivien gehört mit einem Vorkommen von rund 4,8 Millionen Tonnen zu den Ländern mit den weltweit größten Reserven des metallischen Elementes und ist der neuntgrößte Exporteur von Zinkerzen in der Welt. Im Jahr 2022 waren laut Statistik insgesamt rund 520.000 Tonnen Zink in den bolivianischen Minen gefördert worden. Es ist nach Eisen, Kupfer und Aluminium das am häufigsten verarbeitete Metall, das als Oberflächenbehandlungsverfahren wie etwa bei Autokarosserien zum Schutz vor Durchrostung eingesetzt und häufig auch im Bauwesen verwendet wird. Obwohl die Preise für Zink auf dem Weltmarkt derzeit stagnieren und sogar fallen, rechnen Experten langfristig wieder mit einem Anstieg der Erlöse.

Mit dem Bau der Zinkfabrik wird Chinas Einfluss in der Region weiter wachsen. Erst Ende Januar hatte das Staatsunternehmen Yacimientos de Litio Bolivianos ein weiteres Abkommen mit der chinesischen CBC-Gruppe über eine 90 Millionen-US-Dollar-Investition zur Errichtung einer Lithiumkarbonatanlage unterzeichnet, nachdem beide Seiten ein Jahr zuvor Investitionen in Höhe von 1,4 Milliarden US-Dollar vereinbart hatten.

»Der Westen wirkt abgehängt. In den USA machen sich deshalb Sorgen breit, Beijing könnte seiner immer engeren Beziehungen nutzen, um eigene geopolitische Ziele durchzusetzen – etwa die Isolation Taiwans«, so der Börseninformationsdienst Miningscout. Ein Blick auf die Dynamik der letzten 20 Jahre zeige, »dass Washington das Rennen gegen den strategischen Konkurrenten China in Lateinamerika verlieren könnte«, schrieb Miningscout bereits im Juni 2023. »US-Präsident Joseph Biden hat bislang nicht viel mehr geschafft, als Lateinamerika eine stärkere wirtschaftliche Zusammenarbeit zu versprechen – geschehen ist aber wenig«, stellte das Rohstoffportal fest.

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  • Leserbrief von Günter Buhlke aus Berlin/Zürich (13. Februar 2024 um 12:35 Uhr)
    Eine Nachricht, die Hoffnungen, nicht nur in der »dritten Welt« weckt. Sie zeigt den Weg, der die armen, aber rohstoffreichen Länder aus ihrem Elend führen kann. Ein Weg, der bisher von den westlichen Industriestaaten versperrt wurde. Mit zusätzlichen Lohneinnahmen der Bevölkerung, Erhöhung der Inlandssteuern und den Exporterlösen erhält Bolivien finanzielle Mittel zur eigenen Industrialisierung. China gibt die notwendige finanzielle Starthilfe und die Technologie, die sich die Exkolonialländer Europas oder die USA bisher immer haben teuer bezahlen lassen. Mit besseren Lebensgrundlagen in der sogrnannten dritten Welt, werden Ursachen für Fluchtwellen abgewendet. Wie Bolivien die zusätzlichen Steuern verwendet, hängt vom politischen System ab. Die Präsidenten Evo Morales und gegenwärtig Luis Arce beschritten in den vergangenen Jahren einen Fortschrittspfad in sozialer Richtung. Die Monroe- und Truman-Doktrin der USA, »den Sozialismus aufzuhalten und zurückzudrängen«, haben schwere Hürden in Lateinamerika aufgebaut.

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