Überraschende Führung
Von Thomas BergerWer wird die in einer Mehrfachkrise steckende Atommacht Pakistan in Zukunft regieren? Diese Frage bleibt vorerst weiter offen. Zumindest ist die vielbeachtete Parlaments- und Regionalwahl am Donnerstag mit weniger direkten Störungen als befürchtet über die Bühne gegangen. Einzelne gewaltsame Vorfälle gab es zwar, der Wahltag selbst blieb aber insgesamt friedvoller als die vorangegangenen Wochen, in denen es zuhauf Anschläge gegeben hatte. Allein 28 Todesopfer waren noch am Mittwoch nach zwei Sprengstoffexplosionen in der Provinz Belutschistan beklagt worden.
Zahlreiche Beschwerden gab es wegen der aus Sicherheitsgründen verfügten Abschaltung des Mobilfunknetzes: Viele der 128 Millionen Wahlberechtigten hatten deshalb etwa Schwierigkeiten, ihr Wahllokal zu finden, digitale Daten abzurufen oder ein Taxi für die Fahrt zur Stimmabgabe zu ordern. In abgelegenen Gebieten verzögerte sich die Öffnung der Wahllokale wegen verspätet ausgelieferter Unterlagen. Wahlkommission und Interimsregierung nannten Computerprobleme als Grund für deutliche Verzögerungen zu Beginn der Auszählung, die erst am Freitag vormittag (Ortszeit) richtig in Schwung kam. Kritik an diversen Einschränkungen gab es ebenfalls.
Expremier Imran Khan, Wahlsieger von 2018, durfte wegen diverser Verurteilungen nicht kandidieren, die Mitglieder seiner Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) konnten nur als »Unabhängige« antreten. Dennoch sieht es entgegen den Erwartungen so aus, als würde die PTI erneut stärkste Kraft werden. Der aktuelle Parteichef Gohar Ali Khan gewann sein Mandat sogar mit riesigem Vorsprung. Mit Auszählungsstand zum jW-Redaktionsschluss hatten es 95 PTI-Unabhängige ins Parlament geschafft. Die konservative Pakistanische Muslimliga – Nawaz (PML-N) des als Favorit gehandelten dreifachen Expremiers Nawaz Sharif lag bei 64, die sozialliberale Pakistanische Volkspartei (PPP) bei 51 von 266 direkt vergebenen Sitzen. Damit deuten sich unklare Mehrheitsverhältnisse und eine schwierige Regierungsbildung an, da alle drei großen Parteien untereinander verfeindet sind.
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