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Aus: Ausgabe vom 10.02.2024, Seite 7 / Ausland
US-Wahlkampf

Keine Anklage

USA: Ermittlungen gegen Biden eingestellt
Von Mawuena Martens
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In dieser Kiste sollen die Ermittler die von Joseph Biden unterschlagenen Geheimunterlagen verwahrt haben (Wilmington, 21.12.2022)

»Er sei ein älterer Mann mit schlechtem Gedächtnis: Unter anderem mit diesem Argument begründete Sonderermittler Robert Kyoung Hur am Donnerstag, warum keine Anklage gegen den 46. US-Präsidenten Joseph Biden erhoben wird. Außerdem seien die Dokumente möglicherweise zu einem Zeitpunkt in Bidens Wohnung gebracht worden, als er als damaliger Vizepräsident noch das Recht dazu hatte, diese zu besitzen.

Bei den Ermittlungen geht es um den Besitz vertraulicher Regierungsunterlagen. Sobald eine Person kein Regierungsmandat mehr hat, ist dies in den USA illegal. Dem jetzigen US-Präsidenten Biden wird vorgeworfen, rund zehn vertrauliche Dokumente in seinem früheren Büro im »Penn Biden Center for Diplomacy and Global Engagement« in Washington, D. C., aufbewahrt zu haben. Die Papiere wurden im November 2022 gefunden, wenig später waren in seinem Haus in Wilmington, Delaware, weitere geheime Regierungsdokumente entdeckt worden.

Brisant ist an der Angelegenheit zweierlei: Gegen den 45. US-Präsidenten und möglichen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner, Donald Trump, wurde wegen eines ähnlichen Vorfalls bereits Anklage erhoben. Trump, dessen Amtszeit 2021 endete, soll nach seinem Ausscheiden Dokumente mit »hochsensiblen Informationen zur nationalen Sicherheit« in seinem Ressort in Florida aufbewahrt haben. Bei einer Durchsuchung seines Anwesens im Jahr 2022 durch das FBI wurden etwa 100 Dokumente entdeckt. Der Verdacht von Doppelstandards in der juristischen Beurteilung der beiden Fälle steht also im Raum.

Zum anderen stellt die Begründung der Ermittlungseinstellungen die Zurechnungsfähigkeit von Biden in Frage. Dessen offenkundige »Tattrigkeit« könnte ihm im Wahlkampf vor den anstehenden Präsidentschaftswahlen im Herbst durchaus schaden. Erst am Donnerstag hatte er bei einer Galaveranstaltung die deutschen Bundeskanzler Angela Merkel und Helmut Kohl verwechselt. Peinlich nur, dass er kurz zuvor bereits die französischen Präsidenten Emmanuel Macron und François Mitterrand verwechselt hatte. Dabei ist er schon lange genug in einflussreichen Positionen, um alle vier noch persönlich zu kennen. Kohl verstarb 2017, Mitterrand 1996.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Marcus B. (12. Februar 2024 um 01:24 Uhr)
    Es gibt noch ein paar Dinge, die Doppelmoral aufzeigen, denn Trump als Präsident und somit Oberbefehlshaber, hatte folglich das Recht zu deklassifizieren. Demnach ist es reines Polittheater, wenn man Trump vorwirft, er habe »geheime« Informationen an Unbefugte herausgegeben oder Dokumente behalten, denn er konnte über die weitere Geheimhaltung frei entscheiden – allerhöchstens kann man Formfehler reklamieren. Beim Vizepräsidenten sieht das anders aus, denn er hat keinerlei Befehlsgewalt, und somit nicht (!) das Recht zur Aufhebung der Geheimhaltung – möglicherweise nicht mal zum Besitz derlei Dokumente; im vorliegenden Fall stammen die Dokumente aus seiner Zeit als Vize unter Obama! -, weshalb der Fall gegen Biden mehr Meriten hatte. Das ist alles nur die Fortsetzung des Russiagate-Theaters, welches nur veranstaltet wurde, um von der Tatsache abzulenken, dass die DNC-Leaks echt(!) waren, das Parteiestablishment den aussichtsreichen Überraschungskandidaten Bernie Sanders bei den Vorwahlen zugunsten Hillary Clintons sabotiert hatte. Es gab ohnehin nach Obama viele Enttäuschte (»Fahrenheit 11/9« gucken): »Yes, we can!« … but we couldn't be bothered (keine Lust). Und so haben viele Demokraten-Wähler es vorgezogen, nicht zu wählen, während Trumps Wähler mobilisiert waren. Wenn die das mit der juristischen Kriegführung (lawfare) gegen Trump noch weiter treiben, obwohl der Wählerwille der Republikaner klarer nicht sein könnte, rechne ich mit Bürgerkrieg – Trump hat an keiner Debatte teilgenommen und trotzdem alles haushoch gewonnen. Laut Statistik gibt es mehr Waffen in Privatbesitz als Menschen in den USA, und sie sind sehr ungleich verteilt. Während unter Demokraten viele gar keine besitzen, haben die Republikaner umso mehr, also mehr als eine pro Person (Babies eingeschlossen). Der »Haufen der Erbärmlichen« (Clinton) sind die mit den Waffen! Und das Militär ist traditionell republikanisch geprägt. Also Vorsicht, sonst wird Lawfare zu Warfare!