Selenskij feuert Konkurrenten
Von Arnold SchölzelGroßes Aufräumen in der Kiewer Führung. Am Donnerstag teilte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij in einer Videobotschaft mit, er habe den bisherigen Chef der Landstreitkräfte Olexander Sirskij anstelle von Waleri Saluschnij zum Oberbefehlshaber der Armee ernannt. Nach früheren Äußerungen Selenskijs, der am 5. Februar eine Ministerin entlassen hatte, plant er eine Erneuerung der gesamten Führung des Landes. Mit Saluschnij entledigt er sich eines wichtigen Konkurrenten. Der General verzeichnete in Umfragen gleiche Popularitätswerte wie Selenskij oder höhere. Gerüchte über politische Ambitionen Saluschnijs, der seit Juli 2021 die Streitkräfte leitete, kursieren seit Monaten. Im November hatte er die militärische Lage als »Patt« bezeichnet, was eine öffentliche Rüge Selenskijs nach sich zog. Der begründete seine Entscheidung jetzt mit der Notwendigkeit »neuer Ansätze, neuer Strategien« und kündigte einen »Neustart der Generäle« an. Es werde ein »Reset-Team« geben, das Sirskij in den kommenden Tagen vorstellen solle. Außerdem soll dann »ein realistischer, detaillierter Aktionsplan« für 2024 auf dem Tisch liegen, »der die reale Situation auf dem Schlachtfeld berücksichtigt«. Sirskij selbst erklärte auf Telegram, die »Einführung neuer technischer Lösungen und die Skalierung erfolgreicher Erfahrungen, wie der Einsatz unbemannter Systeme und moderner Mittel der radioelektronischen Kriegführung, ist einer der zukünftigen Vektoren für den Aufbau des Sieges in unserem Befreiungskrieg«. Er bedankte sich bei den früheren Kommandeuren und Veteranen der Armee, die »in den zehn Jahren des russisch-ukrainischen Krieges« alles unternommen hätten, um »die Fähigkeiten der ukrainischen Armee – das wahre, solide Fundament unserer Staatlichkeit – wiederherzustellen«.
Laut einem Bericht der Springer-Zeitung Politico ist Sirskij bei Militärangehörigen äußerst unbeliebt. Sie bezeichnen ihn demnach als »Schlächter und General 200«, weil er dazu neige, das Leben von Soldaten bedenkenlos zu riskieren. Russische Offizielle werteten die Entlassung Saluschnijs als Beweis für die politische Krise in Kiew. Washington sicherte seine Unterstützung unabhängig von Veränderungen in dessen Streitkräften zu.
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