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Aus: Ausgabe vom 08.02.2024, Seite 8 / Ansichten

Sonstige politische Vereinigung des Tages: Letzte Generation

Von Nico Popp
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Jetzt nur noch Unterstützungsunterschriften sammeln: Ein Polizeibeamter notiert Angaben eines Aktivisten nach einer Straßenblockade am Potsdamer Platz in Berlin (6.10.2023)

Der Parlamentsbetrieb hat schon viele Leute den Zwecken der höheren Staatskunst unterworfen, die mal mit mehr, mal mit weniger Recht angenommen hatten, die gingen sie gar nichts an. Rauhbeinige Gewerkschaftsfunktionäre nickten nach ein paar Jahren im Bundestag mitleidlos Verarmungsprogramme ab, grüne Friedensfreunde wurden zu erbarmungslosen Verteidigern des »Bündnisgebietes«, und trotzkistische Seminarathleten mit knarzender Lederjacke reüssierten als Büroleiter sozialdemokratischer Hinterbänkler.

Jetzt, denn das hat noch gefehlt, will auch die Gruppe Letzte Generation »den Widerstand ins Parlament bringen«, wie sie am Mittwoch – nur wenige Tage nach der Ankündigung, in Zukunft keine Klebeaktionen mehr durchzuführen – mitteilte. Für eine Kandidatur bei der Europawahl habe man bereits »eine sonstige politische Vereinigung gegründet«, hieß es etwas ungelenk.

Der Schritt überrascht nicht. Stellungnahmen der Gruppe klangen schon immer so, als erprobe sich ein Maschinengehirn darin, die formatierte NGO-Sprache von Berlin-Mitte – mit den Hauptzutaten »wir« und »uns« – zum vollendeten Politinfantilismus zu entwickeln. Und staatstragend, dass es kracht, war die ganze Operation von Beginn an: Immer stand am Ende der Appell an die Herrschaft, sich jetzt endlich mal auf ihre guten Zwecke zu besinnen und was zu tun.

Nun soll der Spaß also im Europaparlament weitergehen. Vielleicht war das von Anfang an die Idee hinter der Klebeshow. Geschickt hat die Truppe sich so einen kleinen Wahlkampfvorsprung gesichert. Am Mittwoch rechnete einer der Sprecher vor, dass bei der Europawahl ja schon 0,5 Prozent Stimmenanteil reichen könnten, um einen Sitz zu erhalten. Selbst anzutreten sei besser, als »heimlich die Grünen wählen«. Richtig so: Der Schritt vom heimlichen Kreuzchen bei Baerbock, Habeck und Hofreiter zum Konkurrenzangebot für die grüne Bourgeoisie ist ohne Zweifel ein konsequenter Entwicklungsschritt dieser Gruppe.

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