4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 08.02.2024, Seite 7 / Ausland
Indien

Zoff im Oppositionsblock

Indien: Im Bündnis der Gegner von Premier Modi rumort es mächtig
Von Thomas Berger
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Auch auf den Straßen herrscht Unmut: Demonstration gegen die Zentralregierung in Westbengalen

Es erschien vielen als ein echter Neuanfang: 26 Parteien waren es, die Mitte Juli 2023 bei einem mehrtägigen Treffen in der südindischen Metropole Bengaluru (vormals Bangalore) die INDIA-Allianz aus der Taufe hoben. Die Indian National Development Inclusive Alliance, so der vollständige Name hinter dem Kürzel, ist angetreten, um gemeinsam eine dritte Amtszeit von Premierminister Narendra Modi nach den im Frühling anstehenden Parlamentswahlen zu verhindern. Deutete zuvor alles auf einen weiteren Machterhalt der seit zehn Jahren auf nationaler Ebene regierenden Hindunationalisten der Bharatiya Janata Party (BJP) hin, die inzwischen auch eine Mehrzahl der 28 Unionsstaaten allein oder in Koalitionen dominiert, konnte die Opposition in den zurückliegenden Monaten ein klein wenig Boden gutmachen und neue Hoffnung schöpfen. Nur ein halbes Jahr nach der Gründung ist das heterogene Bündnis nun aber in schwere Fahrwasser geraten. Zwei Schlüsselpartner unter den größten Regionalparteien sind dem in der Opposition tonangebenden Indischen Nationalkongress (INC) schon abhanden gekommen. Erste Medienberichte schreiben von einer möglichen »Implosion« der Allianz.

Am 28. Januar hat die sozialdemokratische Janata Dal-United (JD-U), seit vielen Jahren die bestimmende Kraft im nordindischen Bihar, eine erneute Kehrtwende vollzogen und ist in den Parteienblock um die BJP zurückgekehrt. Ganz überraschend kommt dies nicht: Chefminister Nitish Kumar, einer der namhaftesten »Provinzfürsten«, ist bei der Wahl seiner Partner überaus flexibel. Schon früher gehörte die JD-U länger diesem Parteinblock an – 1999 bis 2013 und erneut 2017 bis 2022. In den vergangenen zwei Jahren war der 72jährige, der auch schon Minister auf nationaler Ebene war, immer wieder als denkbarer Spitzenkandidat einer vereinten Opposition ins Spiel gebracht worden, der mit hohen persönlichen Popularitätswerten über Bihar hinaus ein würdiger Herausforderer Modis sein könnte. Damit ist es vorbei. Der Groll des Abtrünnigen und seiner Getreuen richtet sich gegen die Kongresspartei. Diese, so der längst nicht nur von der JD-U erhobene Vorwurf, habe bis heute nicht gelernt, mit Bündnispartnern auf Augenhöhe umzugehen. Vielmehr wolle die INC-Spitze die neue Allianz genauso dominieren wie das nach den vorigen Wahlen zerbröselte frühere Bündnis. Unmittelbar im Fokus steht der Streit um Wahlkreisabsprachen, die in einigen Unionsstaaten tatsächlich heikel sind.

In dieser Gemengelage konnte auch in Westbengalen keine Einigkeit zwischen den INDIA-Partnern erzielt werden. Chefministerin Mamata Banerjee will in der Region daher nun mit ihrer Partei allein antreten und hat der Allianz den Rücken gekehrt. Gegner wären damit sowohl die BJP von Premier Modi sowie Kongresspartei und Oppositionsblock auf der anderen Seite. Auch Mamata gehörte zu den Aspiranten auf den Premiersposten im Falle eines Oppositionssieges. Sie war zudem verärgert über die landesweite Tour, die Rahul Gandhi, politischer Erbe des drei frühere Regierungschefs stellenden Nehru-Gandhi-Clans, gerade von Nord nach Süd unternimmt – ohne die Partner konsultiert zu haben. Und die Kongresspartei ist brüskiert, seitdem sie in Westbengalen gerade einmal zwei Wahlkreise angeboten bekam. Dabei geht sie in den Staaten, in der ihre stärksten Bastionen liegen, ähnlich knausrig mit Offerten an dortige Partner um. Auf der Kippe steht derzeit noch, ob es in der Hauptstadt Delhi und im Punjab, wo jeweils die aus der Antikorruptionsbewegung kommende Aam Admi Party regiert, zu einer Vereinbarung über die Sitzverteilung kommt. Nicht zu vergessen: Bei der vorigen Wahl hatte die jahrzehntelang regierende Kongresspartei nur noch 44 von 543 Sitzen im indischen Unterhaus geholt – die BJP allein 303. Eine Einigkeit der Modi-Gegner in möglichst vielen Wahlkreisen erscheint deshalb dringend geboten, sollte ein Machtwechsel noch eine reale Option sein.

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