4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 06.02.2024, Seite 8 / Ansichten

Das Offensivproblem

Scholz reist nach Washington
Von Arnold Schölzel
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Am Freitag will Joseph Biden im Weißen Haus Olaf Scholz empfangen. Das Treffen findet in einer für den kollektiven Westen problematischen Situation statt. Mit den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten, der Eskalation im Roten Meer und der im Irak und in Syrien wähnen sich USA, die NATO und deren Partner in der Offensive gegen den eigenen Hegemonieverlust. Nicht nur in der Ukraine ist das eine Fehlwahrnehmung. Das dortige militärische Patt, das zu offenem Machtkampf in Kiew geführt hat, charakterisiert mehr oder minder die politische Lage an allen globalen Fronten. Israel mag die Vernichtungswalze vor allem gegen palästinensische Frauen und Kinder weiter rollen lassen – es erhielt vom Internationalen Gerichtshof (IGH) am 26. Januar eine Klatsche, die seine Verbündeten ebenso trifft. Der IGH hielt den Verdacht des Völkermords für »plausibel«. Die »Selbstverteidigung« der USA und Großbritanniens gegen den Jemen dehnt den Krieg, der 2015 noch unter Führung Saudi-Arabiens angezettelt wurde, direkt auf die Mächte des globalen Nordens aus. Selbst in Riad löst das keine Begeisterung mehr aus und nicht nur in Moskau scharfe Kritik. Der Versuch Bidens, mit den ebenfalls völkerrechtswidrigen Aktionen in Syrien und im Irak den Pelz zu waschen, ohne ihn nass zu machen – einen Krieg gegen den Iran vermeiden, aber dessen Verbündete attackieren –, dürfte weithin als nächster Beleg bewertet werden, dass am US-Versprechen, zwei oder drei Kriege gleichzeitig führen zu können, nichts mehr dran ist. Nicht zu reden vom Wahlkampf in den USA selbst. Auch da wird es eng. Der republikanische Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Michael Johnson, erklärte am Montag, der vom Senat am Vortag verabschiedete Gesetzentwurf, der unter anderem 60 Milliarden US-Dollar Hilfe für Kiew vorsieht, werde »bei Ankunft (im Repräsentantenhaus) tot sein«. Prognose: Biden und Scholz werden Spaß haben.

Der Kanzler, dem der US-Präsident fast auf den Tag genau vor zwei Jahren die Sprengung der Ostseeleitung »Nord Stream 2« verordnete, ist es gewohnt, grinsende Miene zum imperialistischen Spiel zu machen. Sein Auftrag lautet: Vorteile für deutsche Machtambitionen aus dem Schwinden der US-Führungsfähigkeit ziehen. Das bedeutet, öffentlich als getreuer Kriegsknecht dabei sein, wenn es gegen Russland und China geht, vor allem aber »Deutsch-Europa« festigen für zukünftige Konkurrenz. Der EU-Sondergipfel am 1. Februar zeigte, wie letzteres geht: Frühstück im kleinen Kreis mit Viktor Orbán, dann ist dessen Blockade der Kiew-Hilfe in Minuten vom Tisch. Im deutschen Inland: Für »Kriegstüchtigkeit« sprudeln die Finanzen, auch wenn die Wirtschaftsleistung schrumpft.

Die sich da in Washington treffen, belauern sich wie unter Raubstaaten üblich. Das Problem, mehr als nur propagandistisch in die Offensive zu kommen, haben sie gemeinsam. Noch.

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