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Aus: Ausgabe vom 06.02.2024, Seite 6 / Ausland
USA-Mexiko

Grenze soll dichtgemacht werden

USA: Gesetzentwurf zu Migration im Kongress. Kritik aus Mexiko
Von Volker Hermsdorf
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Migranten, die es über die Grenze geschafft haben, auf dem Weg zur Bearbeitung ihres Asylantrags (Jacumba Hot Springs, 13.12.2023)

Im US-Senat soll am Mittwoch über einen Gesetzentwurf zur Abschottung der US-Grenzen abgestimmt werden, der die Rechte von Migranten noch stärker einschränkt. Vertreter beider Parteien hatten sich am Sonntag (Ortszeit) auf das insgesamt 118 Milliarden US-Dollar umfassende Vorhaben geeinigt, das weitere US-Zahlungen an die Ukraine mit Ausgaben in Höhe von mehr als 20 Milliarden Dollar für die eigene Grenzsicherung verknüpft. Danach sollen Joseph Biden und künftige Präsidenten unter anderem die Befugnis erhalten, die Grenze zu schließen, wenn die Zahl der täglichen Übertritte 4.000 Menschen übersteigt. Ob der Entwurf die notwendige Mehrheit von 60 der 100 Senatoren bekommt, ist jedoch unklar. Auch in Mexiko stoßen die Pläne auf Widerstand, allerdings aus anderen Gründen.

Die dort derzeit aussichtsreichste Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen am 2. Juni, Claudia Sheinbaum von der sozialdemokratischen regierenden Morena-Partei, forderte dazu auf, Migranten im Vorfeld der Wahlen in den Vereinigten Staaten am 2. November und auch danach nicht zu kriminalisieren. Sie sprach sich statt dessen dafür aus, die Ursachen der Migration zu bekämpfen. »Die humanste, gerechteste und effizienteste Lösung sind Investitionen an den Orten und in den Ländern, aus denen die Menschen vor Armut, Hunger und Gewalt flüchten«, sagte Sheinbaum. Der noch amtierende Staatschef Andrés Manuel López Obrador hatte vor den Verhandlungen im US-Senat bereits mehr finanzielle Hilfen für die Länder angemahnt, aus denen viele auswandern. »Sie brauchen mehr Unterstützung. Das ist es, was der US-Senat vorschlagen sollte, wie beispielsweise die Bewilligung von Mitteln für die Zusammenarbeit und die Unterstützung der armen Menschen in Lateinamerika und der Karibik, anstatt Barrieren, Stacheldrahtzäune und Mauern zu errichten«, sagte er Ende Dezember. Auch López Obrador warnte davor, die Migration zum Wahlkampfthema zu machen.

Genau das ist jetzt aber eingetreten. Während Biden die nach seinen Worten »härtesten und fairsten Grenzreformen seit Jahrzehnten« begrüßte, gehen sie vielen Republikanern nicht weit genug. Der Gesetzentwurf dürfte deshalb – selbst wenn er den Senat passiert – in dem von ihnen dominierten Repräsentantenhaus scheitern. Trotzdem belastet er das Verhältnis zwischen den USA und Mexiko. Die laut Biden »härtesten« Regelungen ermöglichen dem Heimatschutzministerium, die Grenze bei durchschnittlich 4.000 Migranten für jene ohne Termin für einen Asylantrag zu schließen, bei einem Tagesdurchschnitt von 5.000 wäre es verpflichtet, die Schotten dichtzumachen.

Ohne die Rechte von Schutzsuchenden zu berücksichtigen, habe Biden sich »von der rassistischen und fremdenfeindlichen Rhetorik der Republikaner leiten lassen«, kritisierte Gretchen Kuhner von der mexikanischen Menschenrechtsorganisation Imumi in einem vom Onlineportal Resumen Latinoamericano veröffentlichten Beitrag. Die vor allem auf Eindämmung ausgerichtete Politik treibe Migranten in die Hände von Menschenhändlern. »Das organisierte Verbrechen macht sich das Fehlen regulärer Migrationsrouten in der Region und die Verzweiflung der Menschen zunutze«, so die Autorin vom mexikanischen Projektpartner der deutschen Arbeiterwohlfahrt.

Erst im Dezember hatten sich an der Südgrenze Mexikos zu Guatemala rund 10.000 Migranten aus Zentralamerika, Haiti und Kolumbien unter dem Motto »Exodus der Armut« auf den Weg Richtung Norden gemacht. Neben Kritik an den USA fürchtet Imumi auch, dass die Migrationsfrage trotz Rhetorik weder für die Morena-Kandidatin Sheinbaum geschweige denn für ihre Kontrahentin Xóchitl Gálvez vom rechten Bündnis »Frente Amplio por México« eine Priorität ist. Beider Schwerpunkt liege nicht auf den Bedürfnissen der Migranten und Schutzbedürftigen, sondern auf dem Schutz der mehr als elf Millionen Mexikaner, die in den USA leben, auch wegen des Geldes, das sie nach Hause schicken. Schätzungen zufolge könnten die Überweisungen in diesem Jahr um 6,6 Prozent auf 67,6 Milliarden US-Dollar steigen.

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