4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 05.02.2024, Seite 8 / Ansichten

Kontrolle verloren

US-Angriffe auf Jemen, Irak und Syrien
Von Wiebke Diehl
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Kampfjet vom Flugzeugträger "USS Eisenhower" startet zum Angriff auf Jemen (3.2.2024)

Es ist der Versuch, das Gesicht zu wahren. Und da tut der US-Imperialismus, was er immer getan hat: Er bombardiert – im Irak, in Syrien, im Jemen – unter Missachtung des Völkerrechts. Entgegen der inzwischen auch in den USA und weltweit ohnehin längst vorherrschenden Meinung, dass nur ein Ende des Gazakriegs eine gefährliche Eskalation in der gesamten Region noch verhindern kann.

Die alten Muster, an denen die US-Regierung immer noch klebt, obwohl sie eine Explosion des längst laufenden regionalen Kriegs im Jahr der Präsidentschaftswahl eigentlich verhindern will, werden nicht zum Erfolg führen. Dass die Angriffe der Ansarollah auf Schiffe mit Israel-Bezug nicht zu stoppen sind, ist längst klar. Weder Sanktionen noch die erneute Listung der Gruppe als »globale Terrororganisation« oder die wiederkehrenden Militärschläge Washingtons und Londons konnten sie zur Umkehr bewegen. Im Gegenteil: Inzwischen greifen sie auch US-amerikanische und britische Schiffe, darunter sogar Kriegsschiffe, an. Die einst als Flip-Flop-Fraktion belächelten De-facto-Herrscher großer Teile des Jemen haben längst eine schlagfertige Armee aufgebaut, die nicht nur die »Supermacht« USA, sondern den gesamten Westen mächtig unter Druck setzt.

Und damit nicht genug: Es mehren sich Berichte, dass sich eine immer größere Anzahl an Deserteuren aus den Milizen der demokratisch nicht legitimierten »Regierung« in Aden und dem separatistischen Südübergangsrat den Ansarollah anschließt, darunter auch Offiziere. Die einhellige Begründung: Die »Regierung« und deren Unterstützer in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten schützten den »zionistischen Feind«, während die Ansarollah an der Seite des palästinensischen Volkes stünden. Auch im innerjemenitischen Krieg, den Washington auf seiten der saudisch geführten Kriegskoalition seit Jahren befeuert und bis heute gegen eine Verhandlungslösung interveniert, verschieben sich also die Kräfteverhältnisse zuungunsten des Westens.

Aber es bleibt nicht beim Jemen: Die Gleichungen der Vergangenheit – insbesondere die militärischen – haben in der gesamten Region ganz offensichtlich keine Gültigkeit mehr. Die Zeit des Schaltens und Waltens ist vorbei. War es früher Israel, das Puffer- und Sicherheitszonen in seinen Nachbarländern einrichten konnte, tut dies heute faktisch die Hisbollah in Nordisrael und – trotz der Gaza-Invasion – auch die Hamas im Süden. Die aus ihren Häusern geflohenen Israelis weigern sich, zurückzukehren, solange es dort nicht sicher ist. Genau diese Sicherheit aber kann Israel nicht (mehr) garantieren. Und die US-Armee: Sie hat die Kontrolle über ihre Militärbasen im Irak und in Syrien, die fast täglichen Angriffen des »Islamischen Widerstands im Irak« ausgesetzt sind, längst verloren. Darüber können auch irrationale und zudem hochgefährliche Bombardements nicht hinwegtäuschen.

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  • Leserbrief von Ralph Wiechert aus Düsseldorf (5. Februar 2024 um 15:26 Uhr)
    »Die einst als Flip-Flop-Fraktion belächelten De-facto-Herrscher großer Teile des Jemen haben längst eine schlagfertige Armee aufgebaut, die nicht nur die «Supermacht» USA, mächtig unter Druck setzt.« Gemeint ist wohl: schlagkräftig