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Aus: Ausgabe vom 02.02.2024, Seite 1 / Ausland
EU-Sondergipfel

Orbán knickt ein

EU-Sondergipfel beschließt Hilfspaket für Ukraine mit Zustimmung Ungarns
Von Jörg Kronauer
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Ungarns Premier Viktor Obán auf dem EU-Sondergipfel (Brüssel, 1.2.2024)

Die EU hat auf ihrem Sondergipfel am Donnerstag in Brüssel ihr lange geplantes, 50 Milliarden Euro schweres Hilfspaket für die Ukraine beschlossen. Wie EU-Ratspräsident Charles Michel schon eine halbe Stunde nach Beginn des Treffens mitteilte, stimmten dem Vorhaben sämtliche 27 Staats- und Regierungschefs zu, darunter Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán. Orbán hatte das Paket auf dem EU-Gipfel Mitte Dezember noch per Veto blockiert und sich seiner Verabschiedung bis zuletzt widersetzt. Die entscheidende Einigung wurde Berichten zufolge am Donnerstag morgen direkt vor dem Sondergipfel auf einer der üblichen Kungelrunden getroffen, an der außer Orbán, Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni teilnahmen.

Orbán rückte dabei von seiner Forderung ab, die EU müsse das Hilfspaket während seiner vierjährigen Laufzeit alle zwölf Monate explizit neu verlängern. Dies zu verhindern war für Brüssel und Kiew zentral: Der IWF geht von einem Fehlbetrag im ukrainischen Budget von rund 85 Milliarden US-Dollar in den kommenden vier Jahren aus; der Anteil aus dem EU-Hilfspaket, der als Budgethilfe vorgesehen ist, würde knapp die Hälfte davon decken. Kiew kommt mit der verlässlichen Festlegung des EU-Pakets auf vier Jahre einem Minimum an Planungssicherheit einen Schritt näher. Michel lobte denn auch, es gebe jetzt eine »langfristige, vorhersagbare Finanzierung für die Ukraine«.

Als Zugeständnis an Orbán willigten die EU-Staats- und Regierungschefs gestern allerdings nach Informationen des Onlineportals Euractiv ein, einmal pro Jahr eine offizielle Diskussion über das Hilfspaket anzusetzen. Damit ist sichergestellt, dass die Dutzende Milliarden Euro schwere Unterstützung für die Ukraine regelmäßig Gegenstand der öffentlichen Debatte wird. 33 von den 50 Milliarden Euro sollen als Kredit vergeben werden, 17 Milliarden Euro als ein nicht zurückzuzahlender Zuschuss.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (2. Februar 2024 um 10:12 Uhr)
    »Orbán weichgeklopft: Nach zwei aufwendigen, gescheiterten Gipfeltagen im Dezember kam es nun überraschenderweise zu einer raschen Einigung beim EU-Sondergipfel. In Wirklichkeit suchten die 26 anderen Teilnehmer verzweifelt nach einem kleinen Feigenblatt für Orbán, um ihn nicht völlig entblößt nach Hause reisen zu lassen. Meinungsstreit ist zweifellos ein integraler Bestandteil der europäischen demokratischen Kultur; jedoch gehört es ebenfalls zur Demokratie, über den Sinn der Sache zu debattieren. Vielleicht sollte der Steuerzahler auch einmal hinterfragen, ob diese fünfzig Milliarden genauso erfolglos im korrupten Land der Ukraine versickern werden wie die bisherigen Finanzmittel. Darüber wird jedoch kaum gesprochen, geschweige denn informiert. Das entspricht nicht genug demokratischen Prinzipien!

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