Gegründet 1947 Sa. / So., 27. / 28. April 2024, Nr. 99
Die junge Welt wird von 2751 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 29.01.2024, Seite 8 / Ansichten

Porträt des Tages: Mona Lisa

Von Dominik Wetzel
8_port.jpg
Was trennt klassische Kunst von Performancekünstlern? – Panzerglas

Als sie 1911 geklaut wurde, hat es tagelang niemand mitbekommen. In modernen Zeiten merkt man es weltweit sofort, wenn der berüchtigte Sack Reis umfällt oder klimaaktivistische Performancekünstlerinnen auf dem berühmtesten Lächeln der Welt Suppe verschütten.

An jenem Sack Reis nahmen die Aktivistinnen offensichtlich Anstoß, als sie ihren »Gegenschlag des Lebensmittelsektors« auf Leonardo da Vincis Schönste (hinter Glas) verübten. Die Landwirtschaft sei »krank«, Bauern würden bei der Arbeit »sterben«, riefen sie. Da ist schon was dran: Nicht umsonst ist die Bayer AG am Freitag wegen krebserregendem Glyphosat zu 2,2 Milliarden US-Dollar Schadenersatz verurteilt worden. Der Amazonas wird zum Rinderhalten und -füttern abgefackelt, und in manchen Gegenden sieht man den Wald vor lauter Monokultur nicht mehr. Damit das alles doch nicht so krank wird, schnell den Abermillionen Stallvögeln und Paarhufern in der Massentierhaltung noch eine Extraschippe Antibiotika hinterhergefüttert.

»Was könnte wichtiger sein als Nahrung?« ermahnen dagegen die frechen Kunstkritikerinnen. Die Antwort lieferte der Sicherheitsdienst des Louvre, der in der Umverteilungswelle nach 1789 vom Palast zum Kunstmuseum umfunktioniert wurde, prompt. Streng nach dem Motto »Hier gibt’s nichts zu sehen, gehen Sie Stilleben angucken«, zensierten die Ordnungshüter die Veranstaltung kurzerhand mit großen Tafeln, die sie vor die Aktivistinnen stellten, und verschlossen die Türen hinter dem herausgeworfenen schaulustigen Publikum.

Gerade rechtzeitig, bevor Tausende französische Landwirte am Montag nach Paris kommen, um die Hauptstadt zu blockieren und für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen einzustehen, solidarisiert sich die Klimaschutzbewegung also eindeutig mit dem Schicksal der Bauern. Kritiker der Performance finden bestimmt ein Haar in der Suppe.

2 Wochen kostenlos testen

Die Grenzen in Europa wurden bereits 1999 durch militärische Gewalt verschoben. Heute wie damals berichtet die Tageszeitung junge Welt über Aufrüstung und mediales Kriegsgetrommel. Kriegstüchtigkeit wird zur neuen Normalität erklärt. Nicht mit uns!

Informieren Sie sich durch die junge Welt: Testen Sie für zwei Wochen die gedruckte Zeitung. Sie bekommen sie kostenlos in Ihren Briefkasten. Das Angebot endet automatisch und muss nicht abbestellt werden.

  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (28. Januar 2024 um 21:56 Uhr)
    Amazonas abfackeln: Reife Leistung, aber das schafft selbst Bolsonaro nicht. Den Urwald schon.

Mehr aus: Ansichten