Ampel will KI-Kapital anlocken
Von Marc Bebenroth
Die Bundesregierung will privates Finanzkapital in den hiesigen IT-Sektor lotsen: »Wir sehen eine rasante Entwicklung in vielen Technologiebereichen, allen voran Künstliche Intelligenz«, sagte Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Montag anlässlich des Auftakts zum sogenannten Digitalgipfel, der noch bis diesen Dienstag in Jena stattfindet. Veranstaltet wird er vom Ministerium für Digitales und Verkehr sowie dem von Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) geleiteten Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Für diesen Dienstag wird der Auftritt von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet. Neben staatlichen Zuwendungen geht es der Ampelkoalition vor allem darum, ihre Vorstellungen von der Regulierung sogenannter KI-Systeme auf EU-Ebene durchzusetzen.
Dies sei jetzt »das Wichtigste«, sagte Habeck am Montag vor Beginn des zweitägigen Treffens von Regierungsvertretern mit Lobbyisten im Gespräch mit dem IT-Branchenverband Bitkom und sprach von einer »vernünftigen KI-Verordnung«. Er warnte dabei vor einer »Überregulierung«, die zwar zu den »besten Verkehrsvorschriften« führe, doch herrsche dann »kein Verkehr auf der Straße«. Dazu dürfe es nicht kommen, warnte der Bundeswirtschaftsminister. Dessen Koalition mache sich dafür stark, Investitionen der Privatwirtschaft in Digitaltechniken zu ermöglichen. Die BRD müsse im Risikokapitalbereich eine »richtige Welle auslösen«.
Dabei will die Regierung bislang auch Gelder an die Branche verteilen, wie aus dem sogenannten KI-Aktionsplan hervorgeht, den Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) am 7. November vorgelegt hatte. Dieser sieht bis 2025 Ausgaben in Höhe von mehr als 1,6 Milliarden für Erforschung, Entwicklung und Anwendung von Systemen zur Mustererkennung (»KI«) vor. Stark-Watzinger hatte, wie Habeck jetzt, vor »Überregulierung« gewarnt.
Mit den Regierungen Frankreichs und Italiens konnte sich die Ampelkoalition bereits auf eine Position einigen, wie die Nachrichtenagentur Reuters am Sonnabend berichtete. Sowohl große als auch kleine Anbieter sollen verbindliche Selbstverpflichtungen eingehen, heiße es in einem Positionspapier. Würden Verstöße gegen den privaten Verhaltenskodex festgestellt, sieht die Einigung die Einführung eines Sanktionssystems als eine Möglichkeit vor. Laut Reuters vertritt Habecks Ressort die Position, dass die Entwicklung von »KI«-Modellen, die noch nicht auf den Markt gebracht wurden, nicht staatlich geregelt werden solle.
Anlässlich des IT-Gipfels hatte ein Bündnis zum Protest gegen die Politik der Bundesregierung nach Jena mobilisiert. »Statt auf potentielle Wundertechnologie fernab physikalischer Realisierbarkeit zu hoffen, müssen die seit Jahren vorhandenen erneuerbaren Energiequellen ausgebaut und Klimaschutzmaßnahmen heute statt übermorgen umgesetzt werden«, betonten die Initiatoren am Donnerstag.
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