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Aus: Ausgabe vom 21.11.2023, Seite 4 / Inland
Friedensbewegung

Gegen den Weltordnungskrieg

Pressekonferenz zur Friedensdemo am 25. November in Berlin. Veranstalter trotz Desinteresse der Medien zuversichtlich
Von Philip Tassev
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»Nicht unser Krieg«: Am 25.2.2023 demonstrierten mindestens 35.000 Menschen in Berlin für den Frieden

Nachdem die letzte große Friedenskundgebung am 25. Februar noch mit einer medialen Denunzierungskampagne überzogen wurde, ist dieses Mal wohl Totschweigen angesagt. Zu der Pressekonferenz, zu der die Initiative »Nie wieder Krieg – die Waffen nieder« am Montag geladen hatten, war nur eine Handvoll Journalisten erschienen. Dennoch zeigten sich die Veranstalter optimistisch und entschlossen, am kommenden Sonnabend am Brandenburger Tor in Berlin eine erfolgreiche Demonstration unter dem Motto »Nein zu Kriegen – Rüstungswahnsinn stoppen – Zukunft friedlich und gerecht gestalten« durchzuführen.

In ihrer Einleitung wies die Autorin Wiebke Diehl darauf hin, dass die Bundesregierung mit der neusten Ankündigung von Waffenlieferungen an die Ukraine das von der NATO gesetzte Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung ins Militär zu stecken, erreicht und sogar überschritten hat. Die Forderung von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) nach einer kriegstüchtigen und wehrhaften Gesellschaft lehnte sie ab, genauso ein Werben der Bundeswehr an Schulen und den Militarisierungskurs der Ampel überhaupt. Die Bundesregierung müsse endlich »zur Besinnung kommen«, denn es drohe mit Blick auf die Entwicklungen in Osteuropa und im Nahen Osten die »Gefahr einer nuklearen Eskalation«, sagte Diehl. Mit dem deutlichen Hinweis darauf, dass unter Sanktionen, wie denen gegen Russland, nur die Bevölkerung leide und nie die Herrschenden, forderte sie ein Ende der westlichen Wirtschaftskriege gegen unliebsame Staaten.

Michael Müller, einst Staatssekretär, für die SPD im Bundestag und schon im Februar einer der Erstunterzeichner des »Manifests für den Frieden«, betonte in seinem Statement mehrmals seine Einschätzung des Ukraine-Kriegs als »Weltordnungskrieg«, der letztlich nur die Ärmsten trifft, und zwar sowohl in der Ukraine als auch in Russland. Die meisten Rekruten der russischen Armee kämen aus den ärmeren Regionen der Russischen Föderation. Auch leide durch die antirussischen Sanktionen vor allem die »Dritte Welt«. Es drohe ein »Zermürbungskrieg«, der die Menschheit »handlungsunfähig« mache und verhindere, dass die Welt endlich gemeinsam gegen die Bedrohung durch Klimawandel und Umweltzerstörung ankämpft. Müller appellierte an die Kriegsparteien, die »Logik von vorgestern« zu unterlassen und die »Situation unserer Zeit« zu erkennen.

Der deutsch-argentinische Liedermacher Pablo Miró, der die Berliner Friedenskundgebung musikalisch begleiten wird und sich in der Tradition von Víctor Jara sieht, nannte als Hauptbeweggrund für sein Engagement die Angst vor dem Krieg. Er habe zwei Söhne und spreche deshalb auch für sich selbst, wenn er am Sonnabend Reinhard Meys pazifistische Ballade »Meine Söhne geb’ ich nicht« interpretieren werde. Unter Verweis auf seine eigene jüdische Herkunft und seine Fluchtgeschichte hatte er auch keine Hemmungen, die israelische Kriegführung als Völkermord zu bezeichnen. Um die Ereignisse am und um den 7. Oktober aufzudecken und hinter die israelische Propaganda zu blicken, sei ein investigativer Journalismus nötig. Der sei aber »in Belmarsh gefangen«, das Londoner Hochsicherheitsgefängnis, in dem seit 2019 der Wikileaks-Gründer Julian Assange in Isolationshaft gehalten wird.

Zur Frage, wie sich die Organisatoren der Demonstration zu einer möglichen Beteiligung von rechts, beispielsweise der AfD, verhalten würden, stellte Jutta Kausch-Henken von der Friedenskoordination Berlin klar, dass »keine Rechtsextremen, keine AfD« auf der Kundgebung erwünscht seien. Das Zeigen von National- und Parteifahnen sei untersagt.

Die Veranstalter erhoffen sich von der angekündigten Demonstration »neue Impulse« für ein Wiedererwachen der Friedensbewegung in der BRD. Der langjährige Friedensaktivist Reiner Braun zeigte sich erfreut, dass trotz der »Burgfriedenspolitik« der Gewerkschaftsspitzen für Sonnabend zahlreiche gewerkschaftliche Basisgruppen ihre Teilnahme ankündigten.

Wie viele Teilnehmende erwartet werden, darauf wollten sich die Organisatoren nicht festlegen. Angemeldet seien 10.000. Anfang des Jahres waren es mindestens 35.000 Menschen, die dem Aufruf von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer gefolgt waren und in Berlin gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und für eine diplomatische Lösung des Konflikts demonstrierten.

Demo »Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder«: 25. November, ab 13 Uhr am Brandenburger Tor in Berlin

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  • Leserbrief von Angelika aus Angermünde (21. November 2023 um 09:23 Uhr)
    In Angermünde bin ich mit einem selbstgebastelten Plakat, auf dem die Friedensdemo am 25.11. angekündigt wird, auf viele Jugendliche zugegangen, um sie einzuladen. Die Mehrheit war leider nicht interessiert. Das finde ich schon aufrüttelnd. In Eberswalde mit dem gleichen Plakat hat mir gar ein Passant angeboten: »Euch müsste man alle aufhängen.« Werde trotzdem zur Demo fahren.

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