Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13.01.2024
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Aus: Ausgabe vom 13.11.2023, Seite 9 / Kapital & Arbeit
»COP 28«

Mehr als 0,2 Grad pro Jahrzehnt

Wenige Wochen vor Beginn der UN-Klimakonferenz in Dubai verdeutlicht eine neue Studie das katastrophale Ausmaß der Klimakrise
Von Raphaël Schmeller
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In Argentinien führte eine Dürre zu einem geschätzten Rückgang des BIP um drei Prozent

Sultan Ahmed Al-Dschaber hat viele einflussreiche Posten inne: Er ist unter anderem Minister für Industrie und moderne Technologie der Vereinigten Arabischen Emirate und Chef des staatlichen Ölkonzerns ­ADNOC. Ansonsten ist er noch Präsident der bevorstehenden UN-Klimakonferenz (»COP 28«), die am 30. November in Dubai beginnen soll. Für die Staats- und Regierungschefs ist es offenbar kein Problem, dass ein Vertreter der fossilen Industrie die UN-Verhandlungen über dringend notwendige Beschlüsse zur Eindämmung der sich verschärfenden Klimakrise führt. Für Klimaschutzorganisationen schon: Hunderte forderten Al-Dschaber schon vor Monaten auf, entweder seinen Chefposten bei ADNOC oder den »COP 28«-Vorsitz aufzugeben. Er tat weder das eine noch das andere.

Der Handlungsdruck ist drei Wochen vor Beginn der »COP 28« so groß wie nie zuvor. Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, wird immer unrealistischer und das katastrophale Ausmaß der Klimakrise immer deutlicher, wie eine Ende vergangener Woche veröffentlichte Studie zeigt. Die vergangenen zwölf Monate waren die wärmsten, die jemals auf der Erde gemessen wurden, heißt es in der Untersuchung der Nachrichtenorganisation Climate Central. Die globale Durchschnittstemperatur lag rund 1,3 Grad Celsius über dem Niveau vor der industriellen Revolution. Basierend auf Temperaturaufzeichnungen aus 175 Ländern, 154 Bundesstaaten oder Provinzen und 920 Großstädten schätzen die Forscher, dass 24 Prozent der Weltbevölkerung (1,9 Milliarden Menschen) extremen und gefährlichen Hitzewellen ausgesetzt waren. »Von November 2022 bis Oktober 2023 erlebte die Erde den bisher heißesten Zwölfmonatszeitraum seit 125.000 Jahren«, schreiben die Studienautoren.

Die Folgen der Klimakrise waren in den vergangenen zwölf Monaten vor allem in vielen Ländern Amerikas zu spüren. Der gesamte Kontinent war zumindest in den ersten sechs Monaten des Jahres 2023 deutlich wärmer als normal. In Argentinien führte eine Dürre zu einem geschätzten Rückgang des BIP um drei Prozent. Im Amazonasgebiet erreichten Wasserstände die niedrigsten je gemessenen Werte, was allein im Oktober die Wasser- und Lebensmittelversorgung einer halben Million Menschen erschwerte. Am Panamakanal, über den rund fünf Prozent des Welthandels abgewickelt werden, beeinträchtigte eine langanhaltende Dürre über Monate die meistbefahrene Handelsroute der Welt.

In den USA forderten 24 extreme Wetterereignisse seit Anfang 2023 mindestens 383 Todesopfer und verursachten bisher finanzielle Schäden von mehr als 67 Milliarden US-Dollar. Jeder 200. Kanadier musste in diesem Jahr sein Haus wegen eines Großbrandes evakuieren.

Auf dem afrikanischen Kontinent haben die durch den Klimawandel verschärften Wetterbedingungen seit Januar 2023 zu 15.700 Todesfällen geführt. Intensive Hitzewellen haben sich von Nordafrika über Europa bis nach Asien ausgebreitet und in Spanien nach Angaben der Regierung in Madrid mehr als 2.000 Menschen das Leben gekostet. »Die extremen Hitzewellen in den USA, Indien, Japan und Europa zeigen, dass niemand vor dem Klimawandel sicher ist«, sagte Andrew Pershing, Vizepräsident von Climate Central.

Die neue Studie steht in einer Reihe mit anderen wissenschaftlichen Arbeiten, die den außergewöhnlichen Charakter des Jahres 2023 im Hinblick auf die Klimakrise belegen. So haben im Juni rund 50 Wissenschaftler den aktuellen Zustand des Klimas untersucht. Sie aktualisierten die wichtigsten Indikatoren, die 2021 vom Weltklimarat IPCC veröffentlicht wurden, und berechneten, dass »die vom Menschen verursachte Erwärmung mit einer noch nie dagewesenen Geschwindigkeit von mehr als plus 0,2 Grad Celsius pro Jahrzehnt voranschreitet«. Im Oktober zeigte sich eine internationale Forscherkoalition nach einer Klimaprognose für das Jahr 2023 »schockiert über die Heftigkeit der extremen Wetterereignisse«, die sich seit Januar ereignet haben. Sie sehen »die Existenz der Menschheit bedroht«.

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