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Aus: Ausgabe vom 16.10.2023, Seite 7 / Ausland
Pressefreiheit

Zum Angriff übergegangen

US-Generalin attackiert lateinamerikanischen Nachrichtensender
Von Volker Hermsdorf
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Zuständig für alle US-Operationen in Lateinamerika: Laura Richardson

Westliche Regierungen empfinden USA-kritische Medien offenbar zunehmend als einen drückenden Stein im Schuh. Nach dem Verbot russischer Sender in den Ländern der Europäischen Union hat die Oberkommandierende des US-Südkommandos (Southcom), Generalin Laura Richardson, am Freitag dem lateinamerikanischen Nachrichtensender Telesur den Kampf angesagt. Der 2005 als Alternative zu den globalen westlichen Mediengiganten gegründete Sender »praktiziert keinen Journalismus, sondern verbreitet Desinformationen«, sagte Richardson auf einer von der US-Stiftung zur Verteidigung der Demokratien (FDD) organisierten Veranstaltung. RT, ­Sputnik und ­Telesur, deren Beiträge von 31 Millionen Menschen in der Region verfolgt würden, »untergraben die Demokratien in der gesamten Hemisphäre«, erklärte die für alle militärischen US-Operationen in Lateinamerika und der Karibik zuständige Generalin.

Journalisten, Intellektuelle und Politiker wiesen die Äußerungen einer der ranghöchsten US-Militärs als Bedrohung der Presse- und Meinungsfreiheit in Lateinamerika zurück. Die argentinische Tageszeitung Página 12 erinnerte an einen Vortrag der Southcom-Chefin vor der US-Denkfabrik Atlantic Council, bei dem sie die Region im Januar wegen ihrer reichen Ressourcen als »sehr wichtig für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten« bezeichnet hatte. Jetzt sei Richardson »zum Angriff übergegangen«, diesmal gegen Telesur, so die Zeitung. Die St. Vincent Times bewertete die Aussagen von Richardson als »direkte Drohung«. Jeder Versuch, »den freien Zugang der Menschen zu Informationen zu untergraben«, sei »inakzeptabel«, empörte sich Venezuelas Außenminister Yván Gil.

»Die USA kontrollieren die großen Medienmonopole, darunter das weltweite Internet und fast alle sozialen Medien. Sie nutzen diese Macht, um diejenigen zu destabilisieren, die nicht vor ihnen knien«, fügte der venezolanische Kommunikationsminister ­Freddy Ñáñez hinzu. Telesur genieße als »Stimme einer Bevölkerung, die sich zunehmend für ihre eigene Geschichte und das Verständnis der Zusammenhänge der Realität interessiert«, regional und weltweit große Anerkennung, wies auch Patricia Villegas, die Direktorin des von Bolivien, Kuba, Nicaragua und Venezuela finanzierten Senders, die Äußerungen zurück. Die Journalistin wertete den Versuch, den Sender zu diskreditieren, als Reaktion auf den »Aufbau einer Region und das Entstehen einer Welt, in der der Süden einen privilegierten Platz hat«. Diese Ziele stünden im Gegensatz zur Einmischung des von Richardson geführten Kommandos, kommentierte Villegas.

Neben ihrer eigentlichen Aufgabe äußert sich die Southcom-Chefin zunehmend zur Rolle von Medien, die westliche Informationen ergänzen, hinterfragen oder konterkarieren. Im März hatte Richardson im US-Kongress zusätzliche Mittel beantragt, um eine angebliche »russische Desinformationskampagne« in ihrem Zuständigkeitsbereich zu bekämpfen. China und Russland, die zu vielen Ländern Lateinamerikas gute Beziehungen unterhalten, sind für sie »bösartige Gegner« in der Region. Vor diesem Hintergrund ist auch ihr Angriff auf Telesur bei der Veranstaltung des Thinktanks FDD zu sehen, die unter dem Motto »Lateinamerikas Herausforderung durch China« stand.

Neu ist das nicht. Seit seiner Gründung wird der im Juli 2005 auf Initiative von Fidel Castro und Hugo Chávez gegründete Sender, der sich selbst als »Stimme des Südens« bezeichnet, von US-Politikern attackiert. Für viele Menschen in der Region ist er dennoch als Korrektiv zu den Berichten von Medienkonzernen wie O Globo (Brasilien) und Clarín (Argentinien), sowie den US-Nachrichtengiganten CNN und Univisión unentbehrlich geworden. »Bei Telesur entdeckt man ein Universum der Information, das es bei anderen internationalen Medien nicht gibt«, sagt der spanisch-französische Journalist Ignacio Ramonet über den Sender. Und auch der venezolanische Schriftsteller Luís Britto García würdigt das Medium für seine »Beharrlichkeit zu zeigen, was andere verschweigen und das Verborgene aufzudecken«.

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