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Aus: Ausgabe vom 04.10.2023, Seite 6 / Ausland
Spaniens Linke

Díaz blinkt »grün«

Spanien: Sumar-Chefin bringt linkes Bündnis auf NATO-Kurs
Von Carmela Negrete
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Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez und die Sumar-Vorsitzende Yolanda Díaz im Abgeordnetenhaus (Madrid, 17.8.2023)

Die Worte von Yolanda Díaz haben viele Beobachter der spanischen Politik überrascht: »Wir sind noch weit von einer Vereinbarung mit dem PSOE entfernt«, erklärte sie mehrmals während einer Pressekonferenz am Montag in Madrid. Die nominelle Kommunistin wurde gefragt, ob sie sich mit den bisherigen Koalitionspartnern von Unidas Podemos darauf geeinigt habe, im Rahmen ihres neuen linken Bündnisses Sumar in eine weitere Koalitionsregierung mit dem sozialdemokratischen PSOE zu gehen. Sumar werde daran nur teilnehmen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt wären, erklärte Díaz. Dazu gehörten ein Statut für Praktikanten, eine Reduzierung der Arbeitszeit, ein Gesetz zur Pflege und Hausarbeit, eine Verringerung der Wartelisten für Operationen und Behandlungen sowie andere wichtige soziale Anliegen.

Offen bleibt die Frage, ob Díaz mit dem amtierenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez verhandelt, oder eher mit den Koalitionspartnern innerhalb von Sumar selbst. Der Streit mit der Partei Podemos geht derweil weiter: Díaz wird vorgeworfen, die wichtigsten Podemos-Politikerinnen, die bisherige Gleichheitsministerin Irene Montero sowie die Ministerin für soziale Rechte und Parteichefin, Ione Belarra, nicht mehr in der Regierung haben zu wollen. Zu diesem Streit kommt nun auch eine immer offener zur Schau gestellte Annäherung von Díaz an die europäischen Grünen hinzu. Am Wochenende sprach sie beim »Green Social Summit« in Madrid.

Díaz scheint auch jene verdrängt zu haben, die sich kritischer zur NATO positioniert haben. So räumte die Vizepräsidentin und Arbeitsministerin der katalanischen Partei Iniciativa per Catalunya/Verds (Initiative für Katalonien/Grüne) innerhalb ihres Bündnisses viel Macht ein. Der Sprecher von Sumar, Ernest Urtasun, gehört dieser Formation an und steht auf einer Linie mit Bündnis 90/Die Grünen, auch im Hinblick auf das westliche Kriegsbündnis. In der Vizepräsidentschaft hat Díaz mit Josep Vendrell Gardeñes einen Mann dieses Flügels als wichtigsten Berater eingesetzt.

Anscheinend wurde zu dem Summit jedoch eine der grünen Parteien nicht eingeladen, die eigentlich in Sumar vertreten ist. Die Grüne Allianz (Alianza Verde, AV), eine sozialistische grüne Formation, erklärte in einem Kommuniqué gegenüber mehreren spanischen Medien, darunter die Nachrichtenagentur Europa Press, dass es in Sumar an interner Demokratie mangele. AV-Parteichef und bisheriger Abgeordneter des Linksbündnisses Unidas Podemos, Juantxo López de Uralde, der möglicherweise der bekannteste grüne Politiker ist, war bei der bündnisinternen Wahl von Sumar im Juni von den Listen verdrängt worden. Er und seine Partei stehen der spanischen Beteiligung an NATO-Waffenlieferungen sehr kritisch gegenüber.

Dabei hätte Díaz am Wochenende gleich zwei Termine wahrnehmen können, anstatt sich mit den europäischen Grünen zu zeigen – am Freitag teilte sie gar auf X ein Foto mit Grünen-Chefin Ricarda Lang. In Madrid veranstaltete die Kommunistische Partei Spaniens (PCE), deren Mitglied formal immer noch ist, ihre traditionelle Fiesta, bei der Generalsekretär Enrique Santiago über die Koalitionsregierung und die Arbeit von Unidas Podemos sprach. Auffällig war, dass es im Vergleich zu seiner Dankesrede an Gleichheitsministerin Montero weniger Applaus gab, als er über Díaz sprach.

Dies könnte ein Zeichen für Unruhe an der Basis des PCE und der Vereinigten Linken sein, die mit den Entscheidungen von Díaz, insbesondere in bezug auf den Ukraine-Krieg, teilweise unzufrieden ist. Santiago erklärte, dass »die Europäische Union zugeben muss, dass der Konflikt in der Ukraine nicht mit militärischen Mitteln gelöst werden kann«, und erinnerte an die »unaufhaltsame Erweiterung der NATO Richtung Osten seit den 90er Jahren, die heute die größte Bedrohung für den Frieden darstellt«. Solche Worte hat man nicht aus dem Mund von Vizepräsidentin Díaz gehört.

Auch andernorts fand ein wichtiges linkes Treffen statt, das Soziale Forum von Granada. Dort demonstrierten am Sonnabend Tausende Menschen unter dem Motto »Ein anderes Granada, ein anderes Europa ist machbar«. Dutzende Organisationen, darunter Gewerkschaften und soziale Bewegungen, haben sich vernetzt und Veranstaltungen zu Themen wie Gesundheit, Bildung, Kultur, Umweltschutz, Feminismus, Wohnen, Stadtplanung, Arbeit, Renten, Rassismus, Migration und Frieden organisiert.

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