Unerwünschter Ehrengast des Tages: Robert Habeck
Von Christian Selz
Sie haben es nicht leicht, die Harzer. Erst hat ihnen der Borkenkäfer die von jahrelanger Dürre ausgetrockneten Fichten weggefressen und die Hänge am Brocken in ein karges Graubraun getüncht. Der örtliche Nationalpark – also im Volksmund: die Grünen – reagierte mit Schautafeln, die das Desaster als Waldwandel verklärten. Und nun, nach Baumsterben, Inflation und Heizhammer, kam am Mittwoch Robert Habeck ins beschauliche Wernigerode, wo er sich auch noch ins Goldene Buch der Stadt eintragen sollte.
Doch genug ist genug! Rasch formierte sich Widerstand, zunächst stilecht bei Facebook, in der vergangenen Woche dann auch im Rahmen einer öffentlichen Stadtratssitzung. Interessierte Populisten unter den Mandatsträgern griffen die brennende Lunte beschwingt auf. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Matthias Winkelmann, unterstellte dem Wirtschaftsminister in Bild gar »ideologiegetriebene Politik«, und übte rhetorisch schon mal für kommende Koalitionen mit der AfD: »Ich kann es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, mit diesem Mann in einem Raum zu sein.« Auch die Stadtratsfraktionen von FDP/Haus und Grund (kein Witz!) und Die Linke meldeten Bedenken gegen ein Habeck-Autogramm an. Eine Besucherin, die sich als Bundesvorsitzende der Partei Die Basis vorstellte, machte das Bild mit einem Hitler-Vergleich rund.
Die über allem schwebende Frage: Was hat dieser Habeck eigentlich je getan, um sich den Eintrag ins papierne Heiligtum zu verdienen? Die Antwort: nix. Er kam nur zufällig nach Wernigerode, weil dort das Treffen der Energieminister der Länder stattfand. Sonderlich viel Sinnvolles musste man allerdings noch nie vollbracht haben, um in das Goldene Buch der »Bunten Stadt am Harz« zu kritzeln. Siehe jüngster Vorgänger unter den Honoratioren mit Ministerwürden: Jens Spahn.
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