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Aus: Ausgabe vom 28.09.2023, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft
Ardo Austria Frost

Streik bei Ardo beendet

Österreich: Unbefristeter Ausstand bei Tiefkühlproduzent »unterbrochen«. Kein Verhandlungsfortschritt. Wiederaufnahme unwahrscheinlich
Von Dieter Reinisch, Wien
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Die Beschäftigten des Kühlkostproduzenten protestierten vor dem Werkstor in Groß-Enzersdorf (13.9.2023)

Die Herbstlohnrunde beginnt in Österreich mit einem herben Rückschlag: Nach knapp zwei Wochen endet ein Streik beim Tiefkühlproduzenten Ardo Austria Frost ohne Erfolg für die Belegschaft. Es sollte ein »unbefristeter Streik« sein, am Montag wurde er beendet. Seit der Frühschicht am Dienstag wird wieder voll gearbeitet, informierte der Betriebsrat Dietmar Breiner jW am Mittwoch.

Nach einem Warnstreik trat die Belegschaft vor zwei Wochen in den Ausstand. Zunächst war die Stimmung kämpferisch. Von den 137 Beschäftigten hatten sich fast 100 am Streik beteiligt. Breiner betonte damals gegenüber jW, er möchte kämpfen, bis die Forderungen erfüllt sind. Die Arbeiter wollten monatlich 200 Euro netto zusätzlich, doch die Geschäftsführung bot lediglich eine Einmalzahlung von 700 Euro und »einen Gratis-Kebap« an.

Nun wurde der Streik »unterbrochen«, wie Breiner betont: »Es ist eine Unterbrechung, kein Ende«, sagte er am Mittwoch gegenüber jW. Für die weiteren Verhandlungen sei es aber im Sinne der Sozialpartnerschaft besser, wenn nicht gestreikt werde, hieß es auch gegenüber ORF Niederösterreich. In den Medien wurde kommuniziert, dass diesen Donnerstag die Gespräche fortgesetzt werden. Einer Einigung sei die Belegschaft demnach »schon näher« als vorige Woche.

Ähnlich äußerte sich Breiner gegenüber jW: Durch die Streikunterbrechung »können wir besser verhandeln«. Ein neues Gesprächsangebot von der Geschäftsführung gebe es aber noch nicht. Die Gespräche am Donnerstag finden nicht mit dem Unternehmen, sondern zwischen Betriebsrat und der Gewerkschaft statt. Dort soll das weitere Vorgehen besprochen werden.

Statt eines konkreten Angebots durch den belgischen Konzern dürfte fehlende Perspektive und Streikmüdigkeit zur Unterbrechung geführt haben. Am Montag hatten sich die »streikenden Arbeiter« versammelt, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Statt 100 Beschäftigten, wie zwei Wochen zuvor, kamen diesmal »zwischen 50 und 60«, so Breiner. Diese hätten »einstimmig« für eine Unterbrechung der Arbeitsniederlegungen gestimmt.

Ein zentrales Problem im Arbeitskampf war der Einsatz von rund 15 Leiharbeitern je Schicht, die die Produktion am Laufen hielten. Eine Leiharbeitsfirma hatte zwar ihre Tätigkeit für Ardo während des Ausstandes beendet, doch Transfer Personalmanagement entsendete weiter Streikbrecher. Die Arbeiterkammer (AK) versuchte den Streikbruch durch Leiharbeiter mittels einstweiliger Verfügung gerichtlich verbieten zu lassen. Dieser Plan scheitere, da es dafür keinen Präzedenzfall im österreichischen Arbeitsrecht gibt, wie jW aus dem Umfeld der AK-Anwälte erfuhr. Dies hat die Kampfkraft der Ardo-Belegschaft entscheidend geschwächt, was nun zu der Streikunterbrechung geführt haben dürfte.

Zwar betonte Breiner, dass bei ausbleibender Einigung der Streik wieder aufgenommen werden könnte. Aber eine neuerliche Mobilisierung der Belegschaft nach dieser Beendigung ist unwahrscheinlich. Breiner sehe zwar »ein leichtes Entgegenkommen« von seiten des Konzerns. Was dies bedeute, konnte oder wollte er jW am Mittwoch nicht sagen.

Ardo Austria Frost, Teil eines belgischen Konzerns, produziert 83 Prozent des in Österreich hergestellten Tiefkühlgemüses. Aus der Fabrik in Groß-Enzersdorf am nordöstlichen Rand Wiens wird auch ins nahe Ausland – vor allem in die BRD – exportiert. Der Konzern machte im vergangenen Jahr saftige Gewinne – auch in Österreich erzielte er dabei ein Plus.

Breiner und die Ardo-Angestellten sind Teil der Gewerkschaft PRO-GE. Am Montag begannen die richtungsweisenden Tarifverhandlungen der Metallindustrie, an denen PRO-GE ebenfalls beteiligt ist. Hier wird der Kollektivvertrag für 138.000 Beschäftigte verhandelt. Nach großen Ankündigungen war die Forderung der Gewerkschaften dann selbst für die Unternehmen überraschend: 11,6 Prozent plus. Das liegt nur knapp über der Inflationsrate. Die zaghaften Hoffnungen auf einen heißen Herbst bei den Lohnverhandlungen und Arbeitskämpfen in Österreich wurden von den Gewerkschaften rasch abgekühlt.

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