Neonazi will kein Einzeltäter sein
Von Marc Bebenroth
Für den Mord an Samuel Yeboah soll er nicht allein verantwortlich sein: Die Verteidiger des heute 52jährigen Hauptangeklagten im Prozess um den tödlichen Brandanschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft in Saarlouis vor 32 Jahren haben am Dienstag vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz ihr Plädoyer gehalten. Darin forderten sie, ihren Mandanten Peter S. nicht als Einzeltäter, sondern als Mitläufer zu verurteilen. Dafür sei aus Sicht der Anwälte des Neonazis eine Freiheitsstrafe von höchstens vier Jahren und sechs Monaten zu verhängen; für Beihilfe zum Mord, zu versuchten Morden sowie zu besonders schwerer Brandstiftung.
Den Anschlag in der Nacht vom 19. September 1991 hatte der 27jährige Ghanaer Yeboah nicht überlebt. Er hatte über das Treppenhaus zu flüchten versucht und dabei schwerste Verbrennungen erlitten. Die Feuerwehr fand ihn im Dachgeschoss. Er wurde in ein Krankenhaus gebracht und starb kurz darauf an seinen Verletzungen. Zwei Hausbewohner konnten sich mit einem Sprung aus dem Fenster retten, erlitten dabei jedoch Knochenbrüche. 18 weitere Bewohner konnten sich ebenfalls ins Freie retten.
Die Darstellung der Verteidiger des Hauptangeklagten Peter S. entspricht der Version aus dessen Geständnis. Demnach sei das Feuer von einem damaligen Bekannten aus der Neonaziszene gelegt worden. »Er war als Unterstützung dabei«, sagte ein Anwalt von S. zu dessen Rolle. Die Anklage war in ihrem Plädoyer am Montag bei der Auffassung geblieben, dass S. das Feuer gelegt haben soll. Da Peter S. zur Tatzeit 20 Jahre alt war, forderte der Vertreter der Bundesanwaltschaft vor dem OLG eine Haftstrafe von neun Jahren und sechs Monaten. In dem Mordfall sei eine Jugendstrafe zu verhängen, erklärte Oberstaatsanwalt Malte Merz. Die Version der Verteidigung, wonach S. lediglich Mitläufer gewesen sei, befindet die Anklagebehörde nach wie vor für nicht glaubwürdig. Tatsächlich habe sich eine schriftliche Erklärung von S., in der er einen Neonazikumpel bezichtigt und sich als Mitläufer dargestellt hatte, im Laufe des Prozesses als falsch erwiesen.
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