Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13.01.2024
Gegründet 1947 Montag, 4. Dezember 2023, Nr. 282
Die junge Welt wird von 2753 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13.01.2024 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13.01.2024
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13.01.2024
Aus: Ausgabe vom 21.09.2023, Seite 1 / Titel
Inflationsausgleich Krankenhäuser

Kliniken senden Notruf

Regierung lehnt Inflationsausgleich für Krankenhäuser ab. Bundesweiter Protesttag fordert mehr Geld für Gesundheitswesen
Von Gudrun Giese
Bundesweiter_Protest_79406475(1).jpg
In Düsseldorf kamen am Mittwoch rund 10.000 Krankenhausbeschäftigte zur Kundgebung vor dem Landtag zusammen

Weil die Ampelkoalition »sparen« will, droht vielen Kliniken in der BRD der wirtschaftliche Kollaps. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) mobilisierte deshalb am Mittwoch zum bundesweiten Protesttag.

Die Resonanz war enorm: Vor dem Brandenburger Tor in Berlin kamen Tausende Krankenhausbeschäftigte zum lautstarken Protest zusammen. Sie fürchten um den Bestand der Kliniken, in denen sie arbeiten, weil den Häusern allmählich das Geld ausgeht. So müssen immer mehr Krankenhäuser in diesem Jahr Insolvenz anmelden. Die laufenden Einnahmen reichen nicht für die Finanzierung der Ausgaben, weil die Bundesregierung den dringend benötigten Inflationsausgleich verweigert. »Krankenhäuser müssen mehr Kredite aufnehmen, überschulden sich, gehen insolvent und müssen schließen«, warnte die DKG in ihrem Aufruf zum Aktionstag, der nicht nur in Berlin, sondern auch in Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hannover, Mainz, Saarbrücken und Stuttgart stattfand. Die Versorgung für kranke Menschen werde prekär, wenn die Wege zur nächsten Notaufnahme sich immer weiter verlängerten.

Der DKG-Vorsitzende Gerald Gaß weist seit Monaten darauf hin, dass der Inflationsausgleich für die bundesdeutschen Krankenhäuser Vorrang vor der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplanten Umstrukturierung der Kliniklandschaft haben müsse. »Wir laufen Gefahr, dass zahlreiche Krankenhäuser Lauterbachs Reform gar nicht mehr erleben werden, wenn nicht umgehend der Inflationsausgleich kommt«, erklärte er. Mit dem gemeinsamen Protesttag müsse die »Bundesregierung zur Vernunft« gebracht werden, denn es sei zwar sehr einfach, ein Krankenhaus ins finanzielle Aus und damit zur Schließung zu treiben, doch erheblich schwerer, »diese wertvollen Versorgungsstrukturen wieder aufzubauen«.

In Düsseldorf kamen rund 10.000 Krankenhausbeschäftigte zur Protestkundgebung vor dem Landtag zusammen. »Die beste Medizin: saubere Finanzierung« lautete ihre Botschaft an den Bundesgesundheitsminister. Veranstalter war die Krankenhausgesellschaft NRW, deren Präsident Ingo Morell betonte, dass alle Klinikgeschäftsleitungen »den Beschäftigten die verdiente Tariferhöhung zahlen« wollten. Doch wegen des fehlenden Geldes gerieten letztlich noch mehr Arbeitsplätze in Gefahr. In der diesjährigen Tarifrunde für den öffentlichen Dienst wurden auch Entgelterhöhungen für das Krankenhauspersonal ab 2024 vereinbart. Die Krankenhäuser sehen sich mit dieser Kostensteigerung alleingelassen.

Die Bundesregierung verweigere nicht nur einen Inflationsausgleich für die generell gestiegenen Kosten, sondern auch die vollständige Refinanzierung der Tariferhöhungen, betonte die DKG. Die Kliniken könnten die Mittel dafür dauerhaft nicht aufbringen, so dass sich die Welle der Pleiten fortsetzen werde. Allein im ersten Halbjahr 2023 hätten bundesweit mehr als fünfzig Krankenhausstandorte Insolvenz angemeldet. Ohne Inflationsausgleichszahlung durch die Bundesregierung würden alle Kliniken zusammen bis zum Jahresende einen Schuldenberg von rund zehn Milliarden Euro auftürmen. »Die Bundesregierung leistet sich klimaschädliche Subventionen und andere umstrittene Ausgaben in Milliardenhöhe. Ein Bruchteil davon könnte die Kliniken aus ihrer wirtschaftlichen Krise retten und die Gesundheitsversorgung für uns alle sicherstellen.«

Immer noch kein Abo?

Die junge Welt ist oft provokant, inhaltlich klar und immer ehrlich. Als einzige marxistische Tageszeitung Deutschlands beschäftigt sie sich mit den großen und drängendsten Fragen unserer Zeit: Wieso wird wieder aufgerüstet? Wer führt Krieg gegen wen? Wessen Interessen vertritt der Staat? Und wem nützen die aktuellen Herrschaftsverhältnisse? Kurz: Wem gehört die Welt? In Zeiten wie diesen, in denen sich der Meinungskorridor in der BRD immer weiter schließt, ist die junge Welt unersetzlich.

  • Leserbrief von René Osselmann aus Magdeburg (22. September 2023 um 12:30 Uhr)
    Seit den 90er Jahren wurden schon viele Kliniken geschlossen und der Rotstift soll weiter angesetzt werden, um die Wirtschaftlichkeit anderer Kliniken zu gewährleisten! Das heißt nichts anderes, dass dieses Gesundheitssystem nicht mehr intakt ist und der Mensch wie eine Ware behandelt wird, zur Maximierung des Gewinnes der Kliniken. Die Kliniken, die unrentabel sind, gehen in Insolvenz oder werden geschlossen. Aber wir brauchen ein Gesundheitssystem, dass dieses verhindert, denn der Mensch ist keine Ware! Doch diese ganze Entwicklung ist ein Zeichen, dass hierzulande geglaubt wird, der Markt regelt das schon und das zu Lasten der Menschen! Wer als Staat immer nur auf Privatisierung setzt, trägt Mitschuld am Kliniksterben, ob nun gewollt oder ungewollt sei erst mal dahingestellt!
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (22. September 2023 um 16:32 Uhr)
      Die meisten Menschen in diesem System versuchen, eine Ware zu verkaufen, nämlich ihre Arbeitskraft. An ausschließlich dieser Ware ist das System interessiert. Der an dieser Ware hängende Mensch wird als notwendiges Übel akzeptiert. Wenn sich die durchschnittliche Lebensdauer versehentlich verlängert, findet der Renteneintritt später statt. Alternativ lässt sich die Durchschnittslebensdauer auch senken. Das läuft finanzielle auf die gleiche Rentenbezugsdauer raus. Das Grundproblem ist halt, dass ziemlich viele Arbeitskraftverkäuferinnen immer noch auf den Markt vertrauen. Das System nutzt die Zange »Erhöhung Renteneintrittsalter« und »Lebenserwartungsverkürzung« zur Optimierung. Beides wird vom ideellen Gesamtkapitalisten koordiniert. Randbemerking: Der Gewinn der Klinikbetreiberinnen soll maximiert werden, nicht der Kliniken. Die könnten womöglich Gewinne zweckentsprechend einsetzen.

Ähnliche:

  • Seit 2011 kämpfen die CFM-Beschäftigten für gleiche Bezahlung (B...
    02.09.2023

    Wieder mal »kein Geld«

    Noch wichtiger als Rückführung der Servicegesellschaft CFM in Mutterkonzern Charité ist den Beschäftigten aktuell eine Inflationsausgleichsprämie
  • Alimentierte Parlamentarier und ihr Griff ins Steuersäckel (Münc...
    17.07.2023

    Wer hat, kriegt noch mehr

    Das Bundeskabinett genehmigt sich einen üppigen Inflationsausgleich. Kritik daran kommt vom Sozialverband VdK
  • Strom und Wärme werden teurer, Bau- und Sachkosten steigen, aber...
    09.09.2022

    Zehn Euro pro Skalpell

    Krankenhäuser fordern Inflationsausgleich für Betriebskosten. Bundesregierung verspricht »Hilfspaket«