Geschlossen für Generalstreik
Von Gerhard Feldbauer
Wie umgehen mit einer arbeiterfeindlichen Regierung? Auf ihrem Bundeskongress am 12. September in Bologna berieten Gewerkschaftschefs und mehrere hundert Delegierte der Confederazione Generale Italiana del Lavoro (CGIL) ihr Vorgehen für den kommenden Herbst. Der Generalsekretär der mit 5,7 Millionen Mitgliedern stärksten der drei großen Gewerkschaften, Maurizio Landini, erklärte in seinem Schlusswort, die CGIL stehe »geschlossen« hinter der Nutzung des Generalstreiks als Kampfmittel. Er sei die letzte Stufe »unserer Strategie«, sagte Landini laut der CGIL-Plattform Collettiva. Es gebe einen klaren Zusammenhang zwischen Prekarität, den Verträgen und Unterverträgen, mangelnder Sicherheit und der Logik des Profits.
Eine Demonstration am Sonnabend, dem 7. Oktober, auf der Piazza San Giovanni in Rom werde gegen die Meloni-Regierung mobilisieren. Unter anderem werde verlangt, dass das zweite Haushaltsgesetz geändert wird und die Anliegen der Arbeiter berücksichtigt werden. »Und wenn die Exekutive nicht auf unsere Forderungen – von Steuern über Renten bis hin zum Mindestlohn« – eingehe, werde der Generalstreik nicht ausgeschlossen, warnte Landini. Dabei machte er deutlich: Gewerkschaften kämpften nicht nur für bessere Arbeitsbedingungen der Menschen, sondern auch um das wirtschaftliche und soziale Entwicklungsmodell des Landes zu beeinflussen. »Über den Generalstreik lässt die CGIL alle Arbeiter abstimmen«, berichtete die linke Zeitung Il Manifesto.
Die Nationalversammlung fand vor dem Hintergrund eines von der Meloni-Regierung betriebenen bisher beispiellosen Sozialabbaus statt. So wurde das »Bürgergeld« weitgehend abgeschafft. An dessen Stelle trat eine »Eingliederungsbeihilfe«, die an eine Arbeitspflicht gekoppelt ist. Mit der Reduzierung des Mindesteinkommens für arme Personen, die in Haushalten ohne »Eingliederungshilfe« leben, von 550 auf 350 Euro wurde der Sozialabbau bislang auf die Spitze getrieben. Daran knüpfte derKoordinator der CGIL-Verhandlungsgruppe, Nicola Marongiu, an und betonte, dass die Erhöhung der Löhne zur Erholung der Kaufkraft »ein besonders vorherrschendes Thema« sei. Dazu gehöre auch, die Debatte über die Einführung des Mindestlohns aktiv weiterzuführen. Er verwies darauf, dass in den Sektoren Industrie, Fertigung, Netzwerkdienstleistungen, im Tourismus und Tertiärsektor die Arbeitsverträge nicht einmal nach sechs oder sieben Jahren verlängert würden.
Auf dem Kongress wurde auch das einheitliche Handeln der drei Gewerkschaften diskutiert und die Bedeutung des von CGIL, CISL und UIL anlässlich des 1. Mai beschlossenen Einheitsdokumentes »Für eine neue Saison der Arbeit und der Rechte« betont. Es fordert, die Prekarität zu überwinden, Sicherheit zu garantieren, angemessene Löhne zu zahlen. Anschließend waren im Mai in Bologna, Mailand und Neapel gemeinsam Zehntausende Gewerkschafter zur Durchsetzung der Forderungen des Einheitsdokumentes auf die Straße gegangen. Es wird erwartet, dass auch die Mobilisierung, zu der die CGIL am 7. Oktober in Rom aufruft, eine Einheitsaktion wird. Zumal Landini mit Luigi Sbarra und Pierpaolo Bombardieri, die Sekretäre der CGIL, CISL und UIL, in einem gemeinsamen Brief Präsident Sergio Mattarella aufriefen, zur Gewährleistung von Gesundheit und Sicherheit an jedem Arbeitsplatz zu intervenieren. Anlass war die jüngste Kette arbeitsbedingter Todesfälle. Bei einer Explosion in dem Esplodenti Sabino-Werk in der Abruzzen-Stadt Casalbordino starben drei Arbeiter. Zuvor waren fünf Eisenbahnwartungsarbeiter am späten Abend des 30. August beim Gleisaustausch am Bahnhof Brandizzo in der Nähe von Turin von einem Zug erfasst und getötet worden. Man ließ sie arbeiten, obwohl bekannt war, »dass ein Zug auf der Strecke eintreffen könnte«, hatte die Nachrichtenagentur ANSA berichtet.
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