Wohnungskrise verschärft sich
Von Raphaël Schmeller
Die Bau- und Wohnungskrise in der BRD spitzt sich weiter zu. Nach einem Einbruch bei den Baugenehmigungen im ersten Halbjahr um rund ein Viertel lag die Zahl nun auch im Juli 2023 mit minus 31,5 deutlich unter dem Vorjahreswert, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Bewilligt wurde demnach im Juli der Neu- oder Umbau von 21.000 Wohnungen hierzulande – und damit 9.600 weniger als vor Jahresfrist. Von Januar bis einschließlich Juli 2023 sank die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen nach Angaben der Wiesbadener Behörde zum Vorjahreszeitraum um 27,8 Prozent auf 156.200 Wohnungen. Zehn Monate hintereinander ist die Zahl der Baugenehmigungen nun zweistellig zurückgegangen.
»Zum Rückgang der Bauvorhaben dürften weiterhin vor allem steigende Baukosten und zunehmend schlechtere Finanzierungsbedingungen beigetragen haben«, erklärten die Statistiker den Negativtrend. Anders ausgedrückt: Für Immobilienkonzerne ist der Wohnungsbau schlichtweg unrentabel geworden, weshalb dieser peu à peu eingestellt wird.
Gebaut wird fast nur noch im profitablen hochpreisigen Segment – benötigt wird aber eigentlich günstiger Wohnraum. Laut Angaben der Gewerkschaft IG BAU haben mehr als elf Millionen Mieterhaushalte in der Bundesrepublik einen Anspruch auf eine Sozialwohnung. Von diesen gibt es allerdings nur noch 1,1 Millionen.
Die Zahl der Sozialwohnungen nimmt seit Jahren rapide ab. Gab es in den 1990er Jahren noch knapp vier Millionen, waren es schon 2010 nur noch 1,66 Millionen. Um die Wohnungskrise zu bekämpfen, hat sich die Regierung das Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen, davon 100.000 Sozialwohnungen, gesetzt. Das dürfte sie allerdings deutlich verfehlen.
Am kommenden Montag soll erneut ein »Wohnungsbaugipfel« im Kanzleramt stattfinden. Diskutiert werden soll dann etwa die Absenkung der Grunderwerbssteuer, »weniger Bürokratie« und die vergünstigte Abgabe öffentlicher Grundstücke für den Mietwohnungsmarkt – alles Forderungen der Immobilienbranche, die an der jetzigen Situation nichts ändern dürften.
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