Rosa-Luxemburg-Konferenz am 13.01.2024
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Aus: Ausgabe vom 16.09.2023, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Uranproduktion

Uranpreis im Höhenflug

Radioaktives Metall erzielt Rekordpreise. An ausbleibenden Exporten aus dem Sahelstaat Niger dürfte es trotz Medienberichten nicht liegen
Von Eike Seidel
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Der Anteil Nigers am weltweiten Uranhandel betrug 2022 etwa vier Prozent, der Anteil an EU-Importen knapp 24 Prozent

Der Preis für Uran liegt aktuell auf Rekordniveau. Hatte das Handelsblatt bei einem Preis von 58 US-Dollar pro britisches Pfund (454 Gramm) am Donnerstag noch über das »höchste Niveau seit 2011« berichtet, rangierte der Preis am Freitag bei mehr als 65 US-Dollar. Das Angebot sei knapp und die Nachfrage steige weiter, so das Handelsblatt.

Zwar mehren sich seit Beginn des Putsches in Niger Berichte, durch die neuen politischen Verhältnisse im Land könne etwa Frankreich das radioaktive Metall ausgehen. Die gestürzte Regierung von Expräsident Mohamed Bazoum hatte erst im Mai mit dem staatlichen französischen Atomkonzern Orano (ehemals Areva) einen Vertrag über weiteren Abbau bis 2040 geschlossen. Anfang August erklärte die Übergangsregierung, es dürfe kein Uran mehr nach Frankreich exportiert werden. Ob und wie die Uranproduktion in Niger künftig weitergeht, ist fraglich – der Anteil an der weltweiten Produktion ist indes gering.

Der Betreiber der letzten noch in Betrieb befindlichen nigrischen Uranmine in der Stadt Arlit habe die Förderung in drei Tagebauen eingestellt und eine für 2024 vorgesehene Wartung um ein Jahr vorgezogen, berichtete die französische Finanzzeitung Les Echos am Sonntag. Hintergrund dieser Maßnahme sei die Wirtschaftsblockade der ­ECOWAS gegen Niger, die auch Rohstoffe betrifft, die für die Produktion des »Yellow Cake« – Ausgangsprodukt für die weitere Verarbeitung von Uran – erforderlich sind. Somair befindet sich zu 36,4 Prozent in nigrischem Staatsbesitz und zu 63,6 Prozent im Besitz der französischen Orano.

Genaue, verlässliche Zahlen über den Uranexport aus Niger nach Frankreich gibt es nicht. Für den Betrieb seiner AKW benötigt das Land nach offiziellen Statistiken aber knapp 9.000 Tonnen jährlich. Schon heute können weder die EU noch Frankreich diesen Bedarf aus Produktion eigener Konzerne decken. Frankreich besitzt nach eigenen Angaben für zwei bis drei Jahre genug Uranvorräte, um seinen Bedarf zu decken.

Orano produzierte im Jahr 2013 mit etwa 4.500 Tonnen Uran rund 7,6 Prozent der Weltproduktion. Durch die Schließung einer Mine in Akokan im Jahr 2021 ging dieser Anteil um etwa die Hälfte zurück. Die Mine befindet sich in Besitz der Compagnie Minière d’Akouta (Cominak), die wiederum zu 34 Prozent der damaligen Areva gehörte. Wie das Portal uranium-network.org Anfang August berichtete, fiel der Anteil der nigrischen Uranproduktion damit auf 2020 Tonnen im Jahr 2022 – rund vier Prozent der globalen Produktion. Wenn Niger den Export der verblieben rund 2.000 Tonnen verhindert, drohen Orano durch erheblichen Umsatzrückgang Konkurs und Abschied aus der Riege der »Big player«. Nach Cogema und Areva wäre dies die nächste Pleite der französischen Atomindustrie.

Schon 2015 war die Mine Somina aufgrund des fallenden Uranpreises nach der Havarie des japanischen Atomkraftwerks Fukushima geschlossen worden. Auch die Erschließung der Lagerstätte Imamouren, angeblich die zweitgrößte weltweit und die größte in Afrika (nicht zu verwechseln mit den manchmal propagierten zweitgrößten Uranvorkommen in einem Land), wurde deswegen dichtgemacht. Der Anteil nigrischen Urans am Import in die EU lag 2022 bei knapp 24 Prozent.

Der Uranabbau, insbesondere in Arlit, geschieht im Tagebau. Das radioaktive Gestein wird in großen Steinmühlen gemahlen, durch Einsatz von Chemikalien das konzentrierte Uranerz isoliert und als »Yellow Cake« in die Weiterverarbeitung gegeben. Der immer noch mehr oder weniger radioaktive Abraum wurde in Niger (wie auch vor vielen Jahren in Guinea) einfach irgendwo abgekippt, durch den Wind verstreut und das Land weiträumig vergiftet. Das sachgerechte – das Problem aber nur auf die lange Bank schiebende – Verfahren wäre die Verklappung des Abraums in einem abgedichteten künstlichen See (einem »Tailing«), der die Verbreitung radioaktiven Staubs verhindert.

Unter anderem dieser Missstand hielt den Förderpreis für die verschiedenen französischen Firmen (Cogema, EDF, Areva, Orano) auf konkurrenzlos niedrigem Niveau. Erst seit kurzem hat sich Orano bereit erklärt, das verseuchte Land großflächig abzudichten, um die radioaktive Verseuchung einzudämmen.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (17. September 2023 um 18:13 Uhr)
    Zusätzlich zur behandelten Thematik: Die Vereinigten Staaten, die als die Nation mit den schärfsten Sanktionen gegenüber Russland gelten, haben im ersten Halbjahr 2023 ihre Uranimporte aus Russland verdreifacht, verglichen mit der Zeit vor dem Ukraine-Krieg. Als ob das nicht genug wäre, haben sie sogar die Hälfte dieser Importe zu erheblichen Aufschlägen weiterverkauft. Dies wirft ein Schlaglicht auf die Doppelmoral, die von der führenden Macht des Wertewestens an den Tag gelegt wird. Öffentlich Wasser predigen und heimlich Wein trinken, einfach heuchlerisch!
  • Leserbrief von F. knippel aus Hattingen (16. September 2023 um 10:32 Uhr)
    Der Preis für Uran liegt aktuell auf Rekordniveau. Hatte das Handelsblatt bei einem Preis von 58 US-Dollar pro britisches Pfund (454 Gramm) laut Finanzen.net den Uranpreis angegeben, er wird in US-Dollar je 250 Pfund U308 bemessen. Anleger können in Indexzertifikate und Indexfonds des URAX (World Uranium Total Return Index) oder direkt in Uranaktien investieren. Der World Uranium Total Return Index enthält zehn Unternehmen mit Bezug auf die Uranförderung.

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