Völkermörder gestellt
Von Jörg Tiedjen
Fulgence Kayishema war einer der meistgesuchten Beteiligten am Völkermord in Ruanda. Jetzt ist er nach 22 Jahren Flucht in Südafrika verhaftet worden, wie der von der UNO eingerichtete Strafgerichtshof IRMCT am Donnerstag mitteilte. Demnach wurde er am Mittwoch in der Nähe von Kapstadt verhaftet. Bei der Festnahme wirkten der IRMCT und die südafrikanischen Justizbehörden zusammen. Ruanda hoffe nun auf eine Überstellung Kayishemas, wie die Zeitung Mail and Guardian am Donnerstag schrieb.
Kayishema ist ein ehemaliger Inspektor der ruandischen Kriminalpolizei und wurde 2001 vom Internationalen Strafgericht für Ruanda wegen Völkermords sowie weiterer Verbrechen gegen die Menschheit angeklagt. Ihm wird vorgeworfen, eine Schlüsselrolle bei einem Massaker gespielt zu haben, bei dem 1994 mehr als 2.000 Menschen – Männer, Frauen und Kinder – getötet wurden, die in der katholischen Kirche in der Ortschaft Nyange Zuflucht gesucht hatten.
»Kayishema war direkt an der Planung und Durchführung des Massenmords beteiligt, unter anderem durch die Beschaffung und Verteilung von Benzin, um die Kirche mit den Flüchtlingen niederzubrennen«, schreibt der IRMCT in seiner Pressemitteilung. »Als das misslang, benutzten Kayishema und andere einen Bagger, um die Kirche zum Einsturz zu bringen und die Flüchtlinge darin lebendig zu begraben. Hinterher überwachte er mit anderen den Abtransport der Leichen in ein Massengrab.«
Der IRMTC fahndet nun weiter nach drei Drahtziehern des ruandischen Völkermords, dem 1994 innerhalb von drei Monaten nach Schätzungen 800.000 Menschen zum Opfer fielen. Die Täter entstammten überwiegend der ruandischen Mehrheitsbevölkerung der Hutu, Opfer waren Angehörige der Minderheit der Tutsi und »gemäßigte« Hutus. Die Folgen des von der damaligen Hutu-Regierung orchestrierten Massenschlachtens sind bis heute nicht überwunden. Zwar wurde der Genozid durch den militärischen Sieg der Patriotischen Front Ruandas beendet. Doch konnten die Massenmörder unter anderem mit französischer Hilfe in den Kongo entkommen, der in den Konflikt hineingezogen wurde – mit geschätzten acht Millionen Toten.
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