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Aus: Ausgabe vom 19.05.2023, Seite 1 / Titel
Ukraine-Krieg

Kiews Wunsch erfüllt

Großbritannien und Niederlande wollen »Kampffliegerkoalition« anführen. USA müssen laut Bericht Militärhilfe für Ukraine ab Herbst drosseln
Von Reinhard Lauterbach
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F-16 Kampfjet der polnischen Luftwaffe

Der Krieg in der Ukraine wird auch den Staaten mit praktisch unbegrenzten Gelddruckmöglichkeiten langsam zu teuer. Das ist der Grundtenor eines Beitrags, in dem die Financial Times am Donnerstag die Stimmung in Washington und Brüssel in bezug auf die weitere Unterstützung des Landes sondiert. Europäische Politiker seien »besorgt«, dass die US-Regierung von Präsident Joseph Biden noch weitere fünf Monate Ausgabenermächtigungen für »Hilfspakete« hätte; danach müsse alles mit dem Kongress neu ausgehandelt werden und drohe unter die Räder des US-Wahlkampfes zu kommen. Zu den eigenen Kapazitäten zitierte die Zeitung einen EU-Vertreter mit der Aussage, die Unterstützung der Ukraine könne »noch ein Jahr oder vielleicht zwei« so weitergeführt werden; dann sei Schluss. Und wenn die ukrainische Regierung nicht ihre angekündigte Offensive zum Erfolg führe, werde im Herbst der Druck auf Kiew, Friedensverhandlungen zuzustimmen, enorm zunehmen. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij dagegen machte die Offensive zuletzt von noch weiteren westlichen Waffenlieferungen abhängig.

Trotz offenbar wachsender finanzieller Engpässe sind Großbritannien und die Niederlande nach den Worten ihrer Regierungschefs Rishi Sunak und Mark Rutte dabei, eine »Kampffliegerkoalition« zu schmieden. Deren Inhalt soll sein, Selenskijs aktuellen Kernwunsch zu erfüllen und der Ukraine westliche Kampfflugzeuge zur Verfügung zu stellen. Im Mittelpunkt stehen dabei die F-16 aus US-amerikanischer Produktion. Die New York Times zitierte am Mittwoch einen Vertreter des Pentagons mit der Aussage, die USA hätten noch nicht entschieden, ob sie sich an der Lieferung beteiligten; sie würden aber eher nicht widersprechen, wenn sich ihre Alliierten dazu entschließen sollten. Kampfjets sowjetischer Modelle haben die NATO-Staaten, die über welche verfügten, bereits an die Ukraine abgegeben, ohne dass sie die militärische Lage wesentlich umgewälzt hätten.

Unterdessen ist deutlich geworden, dass auch die schon gelieferten Waffensysteme nicht unverwundbar sind. Bei der letzten Welle russischer Raketenangriffe in der Nacht zum Mittwoch wurde offenbar am Stadtrand von Kiew eine Stellung des US-Flugabwehrsystems »Patriot« beschädigt. Nachdem die ukrainische Seite zunächst bestritten hatte, dass es einen solchen Treffer gab, räumte sie inzwischen »kleinere Schäden« an einem Stromgenerator ein. Russland behauptete, bei dem Schlag die Radaranlage des Abschussgerätes zerstört zu haben. Der ukrainische Geheimdienst SBU nahm acht überwiegend jugendliche Blogger fest, die entgegen einem Verbot Aufnahmen der Einschläge ins Internet gestellt hatten. Ihnen drohen wegen »Feindbegünstigung« bis zu acht Jahren Haft.

Unübersichtlich ist die Gefechtslage in der und um die umkämpfte und weitestgehend zerstörte Stadt Bachmut im Donbass. Die ukrainische Seite teilte mit, ihren Truppen sei es gelungen, im Umland der Stadt russisch gehaltene Positionen zurückzuerobern. Die russische Söldnertruppe »Wagner« berichtete dagegen von eigenen Einbrüchen in Stellungen der Gegenseite innerhalb der Stadt. Die Bild-Zeitung bestätigte das indirekt und meldete am Donnerstag, Bachmut sei »zu 99 Prozent in russischer Hand«. Zu erobern seien »nur noch ein paar Garagen«, dann sei die »­Festung Bachmut gefallen«.

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  • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (19. Mai 2023 um 13:59 Uhr)
    Auch in diesem Artikel findet sich kein Hinweis, dass Russland die Ukraine überfallen hat, nicht umgekehrt, und dass der Krieg auf ukrainischem Boden stattfindet und nicht auf russischem. Eigentlich könnte Russland den von ihm begonnenen Krieg auch beenden, ohne jemand fragen zu müssen. Wie im Artikel angedeutet, ist der finanzielle Druck auf die NATO-Staaten aufgrund der Waffenlieferungen an die Ukraine enorm. Er würde sich vervielfachen, wenn ein geistig verwirrter Politiker im Westen auf die Idee käme, im Gegenzug Russland anzugreifen. Wo bliebe da der Profit, im Kapitalismus Maß aller Dinge? Einen bevorstehenden Überfall aus dem Westen hatte W. Putin zu Kriegsbeginn behauptet. Die versprochenen Beweise ist er noch immer schuldig. – Weshalb spricht eigentlich niemand von Russlands Kriegskosten? Eigentlich müsste auch Russland ein Interesse an Verhandlungen zwecks Kriegsbeendigung haben! Die hin und wieder gemachten »Verhandlungsangebote« waren aber bisher immer mit Bedingungen verbunden. Heißt wohl im Klartext, nach einer Kapitulation der Ukraine kann man sich gern über die genauen Details unterhalten. Auf derart vergiftete Angebote wird sich die Ukraine bestimmt nicht einlassen.
    • Leserbrief von Holger K. aus Frankfurt (20. Mai 2023 um 13:59 Uhr)
      Den Beweis eines Überfalls der Ukraine auf die beiden Volksrepubliken kann man bequem erschließen. 1. Sei daran erinnert, dass das da ukrainische Marionettenregime schon vor dem russischen Angriff auf sein Nachbarland vollgepumpt mit westlichen Waffen war und ist. 2. Der reaktionäre ukrainische Staat baute ein gewaltiges Verteidigungssystem aus, um so Russland in die Knie zu zwingen. 3. Das Minsker Abkommen wurde regelmäßig von Kiew torpediert. Sowohl der ukrainische Expräsident Poroschenko als auch der franz. Expräsident Hollande als auch Merkel bestätigten, dass nie an eine Einhaltung des Minsker Abkommens seitens des Westens je gedacht war. 4. Die Kiewer Regime fand und findet sich nicht mit der Lostrennung der beiden Volksrepubliken sowie dem Verlust der Ukraine ab. 5. Russland fühlte sich durch den vorgesehenen NATO-Beitritt der Ukraine arg bedroht, der wiederum ermunterte die Ukraine zu einem Revanchismus. 6. Es gibt in der Ukraine eine rechtsradikale Regierung, flankiert von faschistischen Kräften wie der »Asow«-Gruppe sowie dem rechten Sektor, die Teil des Herrschaftsapparates sind. 7. der ukrainische Staat war und ist von seiner Unbesiegbarkeit überzeugt. Die westlichen »Wertestaaten« bestärken ihn dabei. Mein lieber Pfannschmidt, deine bloßen moralischen Sentenzen sind alles andere als glaubwürdig. Möglicherweise tarnst du dich auch mit linken Sätzen, um so proukrainische Argumentationen dem Publikum unter die Weste zu jubeln. (trau – schau wem!)
      • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (22. Mai 2023 um 13:25 Uhr)
        Aus Platzgründen nur zu 1, 4, 5. Zu 1.: Die Ukraine war 2022 zwar besser auf einen russischen Überfall vorbereitet als 2014. Aber sie war auch nicht »vollgepumpt mit westlichen Waffen«. Anderenfalls hätte der Westen nicht erst danach mit »pumpen« beginnen müssen. Erinnern Sie sich noch an die Heiterkeit, als Frau Baerbock einige Wagenladungen Stahlhelme aus alten DDR-Beständen an die Ukraine liefern ließ? – Zu 4.: »Die(?) Kiewer Regime … sowie dem Verlust der UKRAINE ab«: Ist das ernstgemeint oder eine Freud’sche Fehlleistung deinerseits? Im Übrigen: Welcher Staat fände sich damit ab, wenn sich aus dessen Territorium ein Nachbar Teile einverleibt? Betreffs Krim: Die Alibi-»Volksabstimmung« ließ den Menschen nur die Wahl zwischen sofortiger oder späterer Übernahme durch Russland. Ein Verbleib bei der Ukraine stand nicht zur Wahl – Zu 5.: Im Gegenteil: Die Ukraine hat sich zu viel Zeit gelassen mit dem NATO-Beitritt, im Gegensatz zu den baltischen Staaten. Deshalb konnte es sich Russland leisten, das Nicht-NATO-Mitglied Ukraine anzugreifen, ohne gleich die ganze NATO an den Hals zu bekommen.
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Ulf G. aus Hannover (19. Mai 2023 um 23:15 Uhr)
      Der Krieg um den Donbass wurde 2014 von der Ukraine unter dem Label »Antiterroroperation« gestartet. Die dort seitdem – bis zum russischen Eingreifen Februar 2022 – getöteten Zivilisten starben zu über 80 Prozent östlich der innerukrainischen Demarkationslinie. Das weist die westukrainische Seite als fünf- bis sechsmal aggressiver aus als die ostukrainische Seite. Und es war diese westukrainische Aggressivität, die vor dem russischen Eingreifen in den Krieg massiv eskalierte. Seit Mitte Februar 2022 registrierte die OSZE täglich ca. 1.000 Waffenstillstandsverletzungen im Donbass. Angeheizt wurde die Eskalation insbesondere auch durch Selenskijs Ankündigung vom 19. Februar 2022, sein Minderheitenproblem im Osten ggf. mit der Atombombe regulieren zu wollen. Wird einem Opfer mit derart unverhältnismäßiger Gewalt bedroht, ist es nur natürlich, wenn der Bedrohte hinter jedem Busch den Mörder wittert. Für den 22. Februar 2022 registrierte die OSZE 1.927 Waffenstillstandverletzungen, für den 23. Februar sodann 1.710 Waffenstillstandverletzungen. Derlei Zustände kann man unmöglich als Frieden bezeichnen. Der Krieg wurde keineswegs von Russland begonnen. Russland ist eben der Ansicht, dass die Donbassrepubliken ein Selbstverteidigungsrecht gegen die westurkainische Aggression haben. Und auf eben dieses Selbstverteidigungsrecht beruft sich Putin in seiner Rede zum russischen Kriegseintritt. Der Westen meint dementgegen, die Donbassrepubliken haben auf keinen Fall ein Selbstverteidigungsrecht; vielmehr müssen sie sich dem Diktat Kiews unterwerfen. Und Russland habe der Morderei tatenlos zuzusehen, weil sie eine rein innerukrainische Angelegenheit sei. Putin sieht die Sezession des Kosovo als völkerrechtsfortbildenden Präzedenzfall. Und der Westen misst wie immer lieber mit zweierlei Maß, wenn er die Sezession des Kosovo anerkennt, die Sezession der Donbassrepubliken und der Krim aber nicht. China fordert in seinem 12-Punkte-Friedensplan nicht zu Unrecht das Ende derartiger Doppelmoral.
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (19. Mai 2023 um 13:14 Uhr)
    Noch eine Bemerkung zu dem zum Schutz Kiews installierten US-Patriot-System. Gegenüber der Behauptung – als Erfolgsmeldung –, dass die UK-Luftverteidigung mehrere Kinschal-Hyperschallraketen abgeschossen hat: Fakt ist, dass die Patriot nicht nur nicht die Stadt Kiew, sondern sich selbst nicht schützen konnte, abgesehen davon, welche umstrittene Schaden es erlitt. Unterschied dazu, dass mit dem Kinschal-Abschluss die Westmedien vollliefen, aber das Patriot-System totgeschwiegen wird.
    • Leserbrief von A. Katz aus Berlin (19. Mai 2023 um 17:08 Uhr)
      Die Beschädigung des Patriot-Systems wurde in den »Westmedien« totgeschwiegen? Mit Verlaub, das ist Blödsinn!
      • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (21. Mai 2023 um 11:46 Uhr)
        Bitte um »Verlaub«: Es möge sein, dass ich mich in meinem Leserbrief nicht ganz und vor allem nicht für alle verständlich ausgedrückt habe. Hiermit will ich es nachholen. Die in den Mainstreammedien erschienenen und von mir kritisierten beide Meldungen werden verhältnismäßig nicht korrekt gewichtet dargestellt. Dafür, dass das ukrainische Militär Kinschalraketen abgeschlossen hatte, liegt kein einziger Beweis vor, trotzdem trompeteten großkotzig und voller Schadenfreude alle »Westmedien« diese Nachricht sofort, ohne sie zu hinterfragen oder Beweisen nachzugehen. Dagegen wurde kaum oder nur mangelhaft hervorgehoben, dass die Patriot-Raketen sich nicht selbst, geschweige denn die von ihnen zu schützenden Gebiete verteidigen konnte.
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (19. Mai 2023 um 11:10 Uhr)
    Kiew hatte eigentlich nur einen Wunsch: Alle Wünsche mögen in Erfüllung gehen! »Kiews Wunsch erfüllt« – hieß Euer Titel als Gegenwart, was eigentlich als Wunsch wörtlich sinngemäß und generell zutreffend scheint, jedoch richtig hieße es »Kiews Wunsch scheint erfüllt werden zu können«. Begründung: Kiews im Artikel formulierter Kernwunsch ist noch lange nicht erfüllt. Die F-16 Kampfflugzeuge brauchen vor allem gut ausgebildete und auch geübte Piloten, was nicht von heute auf morgen bereitgestellt werden kann, außerdem, gut geschützte Flugplätze, woher sie sicher starten und landen können, weil sonst die Angelegenheit sehr aufwendig für den Westen wird, wenn sie eventuell im Camp untergehen, abgeschossen werden, oder eben durch die Russen zerstörten Landebahn nicht mehr sicher landen können. In der heutigen bescheidend-verdammten »Westwelt« bleiben die Zukunftswünsche meist in den Träumen hängen. Weiterhin fehlen im Artikel zwei wichtige, im Westmedien verschwiegene Nachrichten: Erstens, bei Soledar hat der RU-Verteidiger eine Offensive der Ukraine total vernichtet, die ukrainischen Verluste sind enorm! Zweitens, die russischen Raketenangriffe haben in Chmelnyzyj ein Waffendepot zerstört. Die Detonationen waren gewaltig und anschließend trat eine rätselhafte radioaktive Gammastrahlung um die Stadt auf!?

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