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Aus: Ausgabe vom 09.05.2023, Seite 8 / Ansichten

Freiheitsinstrument des Tages: Brötchentaste

Von Annuschka Eckhardt
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Die Freiheit nehm ich mir

Deichmann, Ernstings Family, Nanu-Nana. McDonald’s, Burger King und Backwerk. Die immergleiche Auswahl an Konsumketten. Graue Fassaden, Taubenkot und gähnende Leere … monotone Tristesse in deutschen Innenstädten. Was könnte die Citycenter endlich wieder attraktiver machen, den Riesenkonkurrenten aus dem World Wide Web etwas entgegensetzen? Mehr Pkw-Verkehr und eine größere Auswahl an bunten parkenden Autos natürlich.

Die FDP wagt einen cleveren Vorstoß gegen die »autofeindliche, ideologische Verkehrspolitik«. Diese sei schädlich und klimapolitisch kontraproduktiv, wie Bild aktuell aus einem Beschlussentwurf des Parteipräsidiums berichtet. Dabei gehe es der FDP vor allem um den Einzelhandel in den Innenstädten. Man fordere daher Städte und Gemeinden auf, »bedarfsgerecht kostenloses Kurzparken zu ermöglichen«. Damit soll vor allem älteren Autofahrern der Kurzeinkauf erleichtert werden, zum Beispiel in Bäckereien oder Apotheken.

Bei Parkautomaten soll eine sogenannte Brötchentaste eingesetzt werden, die dafür sorgt, dass das Gratiskurzparken nicht zu lange dauert und auch von Ordnungsliebenden und Politessen zeitlich eingeordnet werden kann. Dafür müssten allerdings eine große Anzahl an Automaten technisch umgerüstet werden. Fraglich ist auch die Benennung der Taste in den verschiedenen Regionen der Schnellfahrernation mit Hang zum Brot. Eine einheitliche Benennung dürfte Lokalpatrioten in allen Bundesländern auf die Barrikaden bringen.

Nach der Revolution der Parkraumbewirtschaftung lädt FDP-Autominister Volker Wissing ein zur feierlichen Erstknopfdrückung des Schrippenknopfs in Berlin, Semmelschalter in Bayern, Weckenknauf im Land der Schwaben, Rundstücke­taster in Norddeutschland und Brezenbuzzer für alle, die mehr auf Laugengebäck stehen.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (8. Mai 2023 um 23:15 Uhr)
    Typischer Fall von Inkompetenz, allerdings von der FDP nicht anders zu erwarten. Nachdem die Herren Lindner und Wissler inzwischen sogar wisslern, wie man »E-Fuel« oder »e-fuel« oder »eFuel« buchstabiert, müssen sie in Digitalisierung noch üben. Eine »Gratiskurzzeitparktaste« bleibt eine Gratiskurzzeitparktaste, auch wenn sie anders aussieht oder heißt. Schein und Sein zu unterscheiden ist manchmal nicht leicht, diese Fähigkeit von FDP-Leuten zu erwarten ist allerdings aussichtslos. Jeder ältere Autofahrer, jede ältere Autofahrerin und jedes ältere diverse Autofahrerlein erhält zusammen mit dem jährlichen Rentenbescheid Bögen mit Gratiskurzzeitparktaste-Aufklebern, von denen er/sie/es ein jeweils genehmes Motiv abziehen und vor dem Drücken des Knopfes auf selbigem anbringen kann. Für die Woken wird eine App bereitgestellt, die das Wunschmotiv (z. B. per Bluetooth) auf die Gratiskurzzeitparktaste bringt. Die wirtschaftlichen Folgen dieser Gratiskurzzeitparktaste-Revolution sind unabsehbar. Entwurf, Herstellung, Programmierung, Entfernung der Aufkleber (wenn ein Woker kommt, darf ja das Display auf der Gratiskurzzeitparktaste nicht zugeklebt sein), … eine Beschäftigungsflut wird hereinbrechen und die deutsche Rangfolge der Wirtschaftsnationen wieder auf Nummer Eins bringen.
    • Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (9. Mai 2023 um 12:38 Uhr)
      Meinten Sie Herrn Wissing? Oder hat Frau Wissler die Seiten gewechselt? Ich bin gegen eine Schrippentaste, aber für den senior*Innenfreundlichen Knopf »Pillenparker*In«. Die anderen Leutchen sollen mitm Fahrrad kommen, den Bus nehmen, durch die City bummeln …
      • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (9. Mai 2023 um 21:08 Uhr)
        In der Tat tue ich Frau Wissler vielleicht unrecht, sie als Herr zu bezeichnen. Von wo nach wo sie gewechselt hat, weiß ich nicht.

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