4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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17.04.2023, 19:26:15 / Feuilleton

Keine Ermittlungen gegen Documenta

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Kassel nicht strafbar: Großb
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Kassel nicht strafbar: Großbanner »People’s Justice« von Taring Padi (21.6.2022)

Kassel. Nach dem Antisemitismuseklat im Zusammenhang mit auf der Documenta 15 gezeigten Kunstwerken hat die Staatsanwaltschaft Kassel die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt. Es sei kein »Anfangsverdacht wegen einer verfolgbaren Straftat« gegeben, teilte die Staatsanwaltschaft am Montag auf Anfrage mit. Nach eigenen Angaben war die Behörde von Amts wegen aufgrund der Medienberichterstattung über die Antisemitismusvorwürfe hinsichtlich der Werke »People’s Justice« des Künstlerkollektivs Taring Padi sowie des Werks »Guernica Gaza« der Künstlergruppe Eltiqa tätig geworden. Auf dem großflächigen Banner von Taring Padi, das aufgrund der Vorwürfe kurz nach der Eröffnung der Kunstschau abgehängt worden war, war unter anderem eine Figur mit Dämonenfratze und Stirnlocken eines orthodoxen Juden dargestellt.

Beim Polizeipräsidium Nordhessen und der Staatsanwaltschaft hätten sich zudem insgesamt 25 Personen beziehungsweise Institutionen gemeldet und Strafanzeigen erstattet. Darin sei es im wesentlichen um den Vorwurf gegangen, dass den betreffenden Kunstwerken antisemitischer beziehungsweise volksverhetzender Charakter beizumessen sei, hieß es. Die Strafanzeigen hätten sich nicht nur gegen Künstler, sondern auch gegen Organisatoren der Ausstellung und Verantwortliche der Documenta 15 gerichtet, also Kuratoren und politisch Verantwortliche, darunter vor allem den Kasseler Oberbürgermeister Christian Geselle.

In einer 20seitigen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft hieß es unter anderem, der Umstand, dass das Großgemälde von Taring Padi bereits im Jahr 2002 im asiatischen Kulturraum entstanden sei und zuvor in anderen Ländern ausgestellt war, spreche »eher dagegen, dass ein Bezug zur inländischen jüdischen Bevölkerung intendiert war«. Auch eine Störung des öffentlichen Friedens sei kaum nachzuweisen. Zudem könne ein »Aufstacheln zum Hass« im Sinne der Volksverhetzung »in der bildlichen Darstellung (noch) nicht gesehen werden«, hieß es. Auch eine Aufforderung zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen werde aus dem Werk von Taring Padi nicht hinreichend deutlich. Gleiches gelte auch für weitere Kunstwerke, gegen die sich die Anzeigen richteten.

Einer »verfolgbaren Beleidigung sowie auch einer Volksverhetzung« stehe zudem entgegen, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass Künstlergruppe und Kuratoren »einem unvermeidbaren Verbotsirrtum« unterlegen seien, dass die Darstellungen von der Kunst- und Meinungsfreiheit gedeckt seien, da sie über Jahre hinweg weltweit an verschiedenen Orten ausgestellt wurden, »ohne dass es hierbei je zu strafrechtsrelevanten Beanstandungen oder auch nur Diskussionen« gekommen sei, so die Staatsanwaltschaft. (dpa/jW)

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