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Aus: Ausgabe vom 24.04.2023, Seite 4 / Inland
»Wärmewende«

Mieter zahlen die Zeche

Deutscher Mieterbund kritisiert Gebäudeenergiegesetz. Koalitionspläne sehen lediglich Eigentümerförderungen vor
Von Gudrun Giese
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Die Verlierer des geplanten Gebäudeenergiegesetzes sind nicht Immobilienbesitzer, sondern die Mieter (Berlin, 1.4.2023)

Auch wenn es in bürgerlichen Medien derzeit anders dargestellt wird: Die großen Verlierer beim von der Ampelkoalition geplanten Gebäudeenergiegesetz sind nicht Immobilienbesitzer, sondern Mieter. Darauf machte der Deutsche Mieterbund (DMB) in einer Pressemitteilung vom Freitag aufmerksam, in der er »fehlende Regelungen zur Sozialverträglichkeit« kritisierte. Grundsätzlich unterstütze man das im Gesetz formulierte Ziel, ab 2024 beim Einbau neuer Heizungen solche zu wählen, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energieträgern arbeiten und Mindeststandards für Gebäude zu fixieren, die die schlechtesten Heizungen und Energiewerte hätten. Doch bei diesen Maßnahmen müssten für Mieter Förderregeln sichergestellt werden. »Klimaschutz im Gebäudebereich stellt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar«, erklärte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten. »Eine gerechte Verteilung der notwendigen Kosten muss in den Mittelpunkt gerückt werden.« Dafür sei die Reform der Modernisierungsumlage erforderlich. Nach bisherigem Recht können Sanierungskosten für den Einbau einer neuen Heizungsanlage oder für eine Gebäudedämmung zu acht Prozent auf die Jahresnettokaltmiete aufgeschlagen werden.

Während die Regierung angekündigt habe, die sozialen Folgen des Gebäudeenergiegesetzes angemessen zu berücksichtigen, sei bei der Vorstellung des Gesetzes durch Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) keine Rede davon gewesen, kritisierte Siebenkotten. »Dem Gesetz mangelt es bisher an ausreichendem Mieterschutz und sozialer Abfederung.« Das von den beiden Ministern präsentierte Förderkonzept sehe Klimaboni von bis zu fünfzig Prozent vor, von denen Eigentümer profitieren würden. Wie Mieter bei vom Vermieter umgesetzten energetischen Modernisierungen nicht über Gebühr belastet werden, sei außen vor geblieben. So stehe es Vermietern weiterhin frei, »ob sie eine Förderung in Anspruch nehmen oder die Kosten einfach im Rahmen der Modernisierungsumlage an die Mieterinnen und Mieter weitergeben«, monierte Siebenkotten. Bisher würden nur in fünf bis zehn Prozent solcher Sanierungen Fördermittel beantragt. »Es muss jetzt klar geregelt werden, dass Vermieterinnen und Vermieter die Förderung von den umgelegten Kosten abziehen müssen, unabhängig davon, ob sie diese tatsächlich in Anspruch genommen haben oder nicht.«

Wichtig sei zudem, die Kosten für den Energieverbrauch zu berücksichtigen, denn wenn Vermieter teuren Wasserstoff einsetzten oder ineffizient arbeitende Wärmepumpen einbauen ließen, müssten die Mieter die Zeche zahlen. Alles, was bisher vorgesehen sei, um die Energiekosten zu begrenzen, ist aus DMB-Sicht unzureichend. »Bei der Umsetzung der Wärmewende ist es unerlässlich, dass die Heizkosten für Mieter nach der Sanierung sinken.« Die Modernisierungsumlage müsse abgeschafft oder wenigstens deutlich gesenkt werden.

Kritik am Gebäudeenergiegesetz kam auch von der Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele. Sie erklärte vergangenen Mittwoch, dass »der Kabinettsbeschluss sozial unverträglich« sei, denn die Förderung der Eigentümer differenziere nicht zwischen Millionären und Menschen mit geringem Einkommen. Wer es sich leiste, einen »Pool oder die Sauna zu heizen«, dürfe nicht »die gleiche Hilfe bei der Umrüstung der Heizung bekommen wie Pflegefachkräfte, Rentner oder Arbeiter mit kleinem Geldbeutel«. Der geplante »Klimabonus II« solle gezielt diese Gruppen berücksichtigen. Eine gerechte Förderung müsse einkommensabhängig sein und solle bis zu 100 Prozent betragen. »50 Prozent sind für Menschen ohne Rücklagen ein Tropfen auf den heißen Stein.«

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