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Aus: Ausgabe vom 21.04.2023, Seite 5 / Inland
Arbeitskampf

Verdi legt Flughäfen lahm

Zweitägige Warnstreiks in Hamburg, Düsseldorf, Köln/Bonn und Stuttgart. Rund 100.000 Passagiere betroffen
Von Bernd Müller
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»Die Lage ist ruhig«: Flughafen Düsseldorf am Donnerstag

In manchen Tarifverhandlungen zeigt die Gewerkschaft Verdi derzeit Entschlossenheit. Für Donnerstag und Freitag rief sie zu Streiks an verschiedenen Flughäfen auf – mit Erfolg: Die Airports Düsseldorf, Hamburg und Köln/Bonn wurden am Donnerstag weitgehend lahmgelegt. Am Freitag wird der Ausstand auf Stuttgart ausgeweitet.

»In den Terminals zeigt sich heute das gleiche Bild wie schon bei den vorherigen Verdi-Streiks in diesem Jahr: Die Abflugterminals sind wie leergefegt, die Lage ist ruhig«, erklärte Janet Niemeyer, Pressesprecherin vom Hamburg Airport, am Donnerstag. Auf der Internetseite des Flughafens wurden Reisende darüber informiert, dass bis Freitag abend keine regulären Abflüge möglich sein werden.

Verdi hatte die Beschäftigten im Luftsicherheitsbereich, in der Fluggastkontrolle, der Personal- und Warenkontrolle sowie in den Servicebereichen aufgerufen, sich am Arbeitskampf zu beteiligen. Nach eigenen Angaben steht die Gewerkschaft seit Jahren mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) in Verhandlungen. Bisher konnte kein Durchbruch etwa bei den Zuschlägen für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit erzielt werden.

In der vergangenen Woche kamen die Parteien zu einer neuen Verhandlungsrunde zusammen. Laut Verdi endete sie ergebnislos, weil die Kapitalseite kein verbessertes Angebot unterbreitet habe. Verdi-Bundesvorstand Wolfgang Pieper sagte am Dienstag, die Tarifkommission der Gewerkschaft habe den jüngsten Verhandlungstermin als Signal der Bereitschaft zu einer Lösung aufgenommen. Deshalb habe man in den Osterferien auf Streiks verzichtet. »Aber die Hoffnung, endlich zu einer Einigung zu kommen, war vergebens«, so Pieper.

Zwar liege ein schriftliches Angebot des BDLS vor, heißt es bei Verdi, doch es sei »unzureichend und nicht einigungsfähig«. Für die Arbeit an Samstagen und Sonntagen bringe es keine Verbesserungen mit sich; für die Nachtarbeit sehe es Zuschläge erst ab 22 Uhr vor und nicht schon ab 20 Uhr. Für Überstunden wolle die Kapitalseite »auch künftig faktisch keine Zuschläge zahlen«.

Der BDLS warf der Gewerkschaft am Mittwoch – wie gewöhnlich – vor, mit dem Streik »unverhältnismäßig und überzogen« zu reagieren. Man werde sich von den Kampfmaßnahmen aber »nicht erpressen lassen«, heißt es in der Erklärung des Verbands weiter. Man habe sich zuletzt durchaus kompromissbereit gezeigt, könne aber »in den Verhandlungen nur so viel zugestehen, wie die Unternehmen auch verkraften können«, so Rainer Friebertshäuser, Leiter der BDLS-Tarifkommission. Das vorgelegte Angebot stelle bereits eine enorme finanzielle Belastung dar, unterstrich Friebertshäuser: »Es gibt eine Grenze, die wir auch nach weiteren Streiktagen nicht überschreiten werden können.«

Dieses Wehklagen dürfte bei den Gewerkschaftern kaum verfangen. Verdi zeigt sich bereit, den Arbeitskampf auf Tage mit einem höheren Passagieraufkommen auszudehnen. »Wir fordern den BDLS auf, in der nächsten Runde am 27. und 28. April endlich ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen, um weitere Streiks zu vermeiden und den Konflikt noch vor Pfingsten zu beenden«, erklärte Pieper.

In der Auseinandersetzung geht es nicht nur um Geld, sondern mittelbar auch um die prekäre Personalsituation an den Flughäfen. Verdi hatte bereits im Sommer 2022 vor Personalengpässen gewarnt. Nun betonte Pieper erneut, dass die Arbeit an Flughäfen attraktiver werden müsse. Um längere Wartezeiten für Reisende zu vermeiden, müssten die Luftsicherheitsfachleute gehalten und außerdem neue gewonnen werden.

Für Donnerstag und Freitag waren allein am Airport Hamburg 308 Abflüge geplant, die sämtlich gestrichen wurden. Zudem könnten rund 100 Ankünfte am Airport Hamburg ausfallen. Am Flughafen Köln/Bonn waren am Donnerstag 121 Verbindungen betroffen, wie der Airport mitteilte. An allen Flughäfen zusammen dürften aufgrund des Streiks rund 700 Abflüge ausfallen, schätzte der Airportverband ADV. Etwa 100.000 Passagiere seien davon betroffen.

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