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Aus: Ausgabe vom 19.04.2023, Seite 8 / Ansichten

US-Dominanz bröckelt

China will in Nahost vermitteln
Von Jörg Kronauer
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Kein Problem zu groß: Jetzt will China auch noch den Nahostkonflikt lösen (Beijing, 6.5.2013)

Gelingt China ein Durchbruch im Nahen Osten? Die ungewohnte Frage stellt sich, seit am Montag bekannt wurde, dass Außenminister Qin Gang chinesische Vermittlung im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern angeboten hat. Beijings Versuch, sich im zentralen Konflikt des Mittleren Ostens, dem zwischen Saudi-Arabien und Iran, als Vermittler zu betätigen, verläuft bisher erfolgreich – so erfolgreich, dass sich die Volksrepublik einen nächsten Schritt zutraut. Qin habe den israelischen Außenminister Eli Cohen und seinen palästinensischen Amtskollegen Riad Al-Maliki ermutigt, sich in Richtung Neustart von Friedensgesprächen zu bewegen, teilte Xinhua mit. China sei bereit, den Rahmen zu schaffen. Nun bleibt abzuwarten, wie beide Seiten reagieren.

Chinas Vermittlungsangebot ist schon als solches ein Paukenschlag. Bis vor kurzem gehörte es zu den Grundüberzeugungen in der internationalen Politik, dass im Nahen wie auch im Mittleren Osten ohne oder gar gegen die USA nichts geht. Einen ersten tiefen Knacks erhielt diese vermeintliche Gewissheit, als es Russland gelang, Syriens Präsidenten Baschar Al-Assad an der Macht zu halten und als sich ab 2017 Moskau und Ankara zu den maßgeblichen Ordnungsmächten in Syrien aufschwangen. Erschüttert wurde die US-Dominanz in Mittelost, als China kürzlich mit Erfolg zwischen Saudi-Arabien und Iran zu vermitteln begann. Schon allein die Aussicht, das könne sich mit Israel wiederholen, Washingtons engstem Verbündeten in der Region, wiegt schwer.

Hat Chinas Nahostvorstoß Aussicht auf Erfolg wie der in Mittelost? Wer weiß. Auch wenn man es auf den ersten Blick bezweifeln mag: Die Volksrepublik ist nicht dafür bekannt, Außenpolitik unbedacht und ohne sorgfältige Vorbereitung zu treiben. Sie stößt als Mittlerin in der Region in einer Zeit vor, in der sich Washington von dort zurückzieht. Die Beziehungen der Biden-Regierung zur Rechtsaußenregierung von Benjamin Netanjahu sind – wie die zu Saudi-Arabiens Kronprinz Mohammed bin Salman – angespannt. Israel hatte sich dem Druck der USA bereits entzogen, indem es lange keine Waffen in die Ukraine exportierte und nun allenfalls die Lieferung von Abwehrsystemen gegen iranische Drohnen gewährt.

Aber wird sich Netanjahu überhaupt auf die Zweistaatenlösung einlassen, die Beijing zur Voraussetzung für Verhandlungen macht? Womöglich nicht. Allerdings wird Israel in den tiefen Umbrüchen, die sich im Nahen und Mittleren Osten abzeichnen, seine Position ebenfalls neu finden müssen. China hat das Geld, einen Abgleich der gegensätzlichen Interessen mit lukrativen Geschäften abfedern zu können, und es unterhält schon heute enge Wirtschaftsbeziehungen zu Israel. Das alles garantiert natürlich keinen Erfolg. Gänzlich aussichtslos ist das Ansinnen aber nicht. Kommt es tatsächlich zu Verhandlungen, dann hätten die USA, im Abstieg begriffen, die nächste Treppenstufe auf dem Weg nach unten erreicht.

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