Verordnete Mieterhöhung
Von Susanne Knütter
Die Kosten für die Energiesouveränität Deutschlands werden nicht zuletzt die Mieter tragen. Denn rund 80 Prozent aller Wohnungen werden nach Angaben des Deutschen Mieterbunds mit Öl und Gas beheizt. Die Pläne zum flächendeckenden Tausch der Heizungen betreffen sie direkt. Der Mieterbund schlug daher am Mittwoch Alarm. Der Entwurf zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes schütze Mieterinnen und Mieter weder vor Mieterhöhungen in Folge des Heizungsaustausches noch vor hohen Heizkosten nach der Umstellung auf »erneuerbare« Energieträger. Den Plänen mangele es an ausreichendem Mieterschutz und sozialer Abfederung, kritisierte die Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes, Melanie Weber-Moritz. Nur in Ausnahmefällen könnten geringere Kosten als bisher auf die Mieterinnen und Mieter abgewälzt werden. Weiterhin gelte, am Ende zahle die Investition in die Heizung allein der Mieter beziehungsweise die Mieterin über die Modernisierungsmieterhöhung.
Von 2024 an soll nach Plänen der Bundesregierung möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Damit soll der Abschied von Gas- und Ölheizungen eingeläutet werden. Bestehende Heizungen sollen weiter betrieben, kaputte Heizungen repariert werden können. Allerdings müssten sie in einer bestimmten Zeit um moderne Technik ergänzt werden, um die 65-Prozent-Vorgabe zu erfüllen. Geht eine Etagenheizung unreparierbar kaputt, haben die Eigentümer bis zu 13 Jahre Zeit, um für das gesamte Gebäude eine Heizungslösung zu installieren, die den neuen Vorgaben entspricht. Generell sollen Heizkessel nur bis zum Ende 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden können.
Die Bundesministerien für Wirtschaft und Bauen verweisen auf die geltende bürgerliche Rechtsprechung. Im Referentenentwurf heißt es: »Die Frage, inwieweit Vermieter die Kosten für einen den Anforderungen der 65-Prozent-Regelung erfüllenden Heizungstausch auf Mieter im Rahmen der Modernisierungsumlage umlegen können, richtet sich nach den einschlägigen mietrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der dazu ergangenen Rechtsprechung.« Und da heißt es: Bei einer sogenannten modernisierenden Instandsetzung von Heizungsanlagen, die zwar noch funktionsfähig sind, aber bereits einen Großteil ihrer zu erwartenden Gesamtlebensdauer genutzt worden sind, ist ein »zeitanteiliger Abzug des Instandhaltungsanteils von den aufgewendeten Kosten vorzunehmen«. Das heißt auch, eine komplette Umlegung der Kosten für den Einbau neuer Heizungen über die Modernisierungsumlage auf die Mieter ist möglich. So soll der Vermieter einen Anreiz haben, »Verbesserungsmaßnahmen« vorzunehmen. Für die Mieter solle sich der Gebrauchswert erhöhen, indem Endenergie nachhaltig eingespart wird und sich dadurch beispielsweise die Heiz- und Stromkosten verringern. Ein bestimmter Einsparumfang sei aber nicht Voraussetzung für energetische Modernisierungen.
»In der jetzigen Form droht der Heizungstausch zu einem staatlich verordneten Mieterhöhungsprogramm zu werden«, warnte die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Caren Lay, am Mittwoch gegenüber jW. Es müsse gewährleistet werden, dass die Mieterinnen und Mieter am Ende nicht alleine die Kosten für den Heizungstausch tragen. »Schon allein deshalb muss die Modernisierungsumlage endlich abgeschafft werden«, so Lay.
Und ein weiteres Problem könnte auf die Mieter zukommen. Der Eigentümerverband »Haus und Grund« hat angesichts der geplanten »Wärmewende« am Mittwoch vor einem wachsenden Einfluss großer Wohnungskonzerne und ausländischer Immobilieninvestoren in Deutschland gewarnt. Verbandspräsident Kai Warnecke sagte gegenüber Bild, Deutschland drohe »zum Schnäppchenparadies für große Wohnungskonzerne und ausländische Investoren zu werden«. Denn viele private Vermieter würden wegen gestiegener Kosten ihre Häuser verkaufen müssen. Insbesondere für Mietshäuser mit Gasetagenheizung gebe es bisher keine bezahlbaren Alternativen.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (12. April 2023 um 21:27 Uhr)Und was ist mit Wärmedämmung von Bestandsgebäuden? Da täte man auch mit der alten Heizung weniger Energie verbrauchen … Mit 100 Milliarden Euro könnte man da allerhand erreichen, aber halt nur bei den Energiewerten.
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