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28.03.2023, 19:43:22 / Inland

Neonazi-Anschlag von 1991: Gericht schlägt Deal vor

Kundgebung zu Beginn des Prozesses in Koblenz (16.11.2022)
Kundgebung zu Beginn des Prozesses in Koblenz (16.11.2022)

Koblenz/Saarlouis. Im Mordprozess um einen tödlichen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim 1991 in Saarlouis hat das Oberlandesgericht Koblenz einen Deal vorgeschlagen. Bei einem Rechtsgespräch der Prozessbeteiligten hinter verschlossenen Türen wurde am Montag der mögliche Strafrahmen für den Fall eines qualifizierten Geständnisses erörtert, wie OLG-Sprecherin Corinna Diesel am Dienstag sagte. Dieser würde beim einzigen Angeklagten von fünfeinhalb Jahren bis lebenslange Haft reichen - je nachdem, ob Jugendstrafrecht bei verminderter Schuldfähigkeit etwa wegen Alkoholkonsums oder Erwachsenenstrafrecht ohne Einschränkungen angewandt würde.

Bei dem Anschlag im Saarland vor mehr als drei Jahrzehnten war der 27jährige Asylbewerber Samuel Yeboah aus dem westafrikanischen Ghana getötet worden. Zwei andere Hausbewohner sprangen aus einem Fenster und zogen sich Knochenbrüche zu. 18 weitere Bewohner konnten unverletzt fliehen. Die Bundesanwaltschaft wirft dem angeklagten heutigen Familienvater vor, das Feuer aus rassistischer Gesinnung gelegt zu haben. Die anfänglichen Ermittlungen wurden vor rund 30 Jahren eingestellt. Erst die späte Aussage der Hauptbelastungszeugin führte zu dem Prozess. Kürzlich sagte sie vor dem OLG, der Angeklagte habe ihr 2007 bei einem Grillfest, bei dem er sich in rechter Umgebung gewähnt habe, mit Blick auf den Brandanschlag gesagt: »Das war ich und sie haben mich nie erwischt.« Sie habe damals noch nicht gewusst, dass es bei der Straftat auch einen Toten gegeben habe. Das habe sie erst 2019 im Internet gelesen und dann Strafanzeige erstattet. Der 51jährige Deutsche hat bisher die Vorwürfe der Anklage bestritten. (dpa/jW)