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Aus: Ausgabe vom 01.04.2023, Seite 3 / Schwerpunkt
Friedensbewegung

»Auswirkungen dieses Krieges sind überall zu spüren«

Krieg und Aufrüstung: Ostermarschbewegung rechnet mit gesteigertem Interesse. Ein Gespräch mit Felix Oekentorp
Von Henning von Stoltzenberg
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Ostermarsch Rhein-Ruhr in Duisburg im vergangenen Jahr

Was sind die wichtigsten Eckpunkte des diesjährigen Ostermarsches?

Der Ostermarsch steht unter dem Motto »Waffenstillstand statt Waffenlieferungen! Aufrüstung stoppen! Für Frieden und Klimaschutz!« Das bedeutet, dass wir uns stark machen für schnellstmögliche Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland und dass wir gegen die Kriegskredite in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung der Bundeswehr sind. Und selbstverständlich verweisen wir darauf, dass Krieg der größte Klimakiller ist.

Im letzten Jahr bilanzierten Sie eine gestiegene Teilnahme an den Veranstaltungen. Rechnen Sie auch in diesem Jahr damit?

Die Menschen sind kriegsmüde, die Heimatfront steht nicht hinter der Militarisierung, die die Bundesregierung betreibt, das wird sich auf die Resonanz für den Ostermarsch positiv auswirken. Im letzten Jahr standen viele noch unter Schock, der Überfall auf die Ukraine hatte gerade wenige Wochen vorher stattgefunden. Die veröffentlichte Meinung war, dass der Krieg bald zu Ende gehen werde. Dennoch waren schon viele Menschen für Frieden auf der Straße. Die nur wenige Tage nach dem Kriegsbeginn beschlossene »Zeitenwende« mit den Kriegskrediten wirkt sich nun aus mit Inflation, mit dem Fehlen von Geld für ökologische und soziale Investitionen. Gas wird nun aus Staaten bezogen, die es durch Fracking gewinnen oder die in Menschenrechtsfragen anzuprangern sind. Die Laufzeiten für einige AKW sind verlängert worden. Kurz: Die Auswirkungen dieses Krieges sind überall auch in Deutschland zu spüren, das hilft zusätzlich, zum Ostermarsch in diesem Jahr zu mobilisieren.

Vor welchen Herausforderungen steht die Friedensbewegung im allgemeinen und der Ostermarsch im besonderen?

Es ist erschreckend, dass die Justiz sich einmischt, wenn auf Kundgebungen daran erinnert wird, dass auch dieser Krieg eine Vorgeschichte hat, und der Überfall Russlands am 24. Februar letzten Jahres nicht aus heiterem Himmel geschah. Es ist fürchterlich, dass es kriminalisiert wird, wenn an die 27 Millionen Todesopfer durch den Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion erinnert wird. Ein Berliner Gericht sprach in erster Instanz ein Urteil gegen einen Redner, der das vorgetragen hatte, mit der Begründung, seine Rede habe »das Potential, das Vertrauen in die Rechtssicherheit zu erschüttern und das psychische Klima in der Bevölkerung aufzuhetzen«.

Der Bundestag hat im Oktober 2022 ohne großes Aufsehen einen zusätzlichen Absatz 5 zum Paragraphen 130 beschlossen, der mit Strafe bedroht, wer Völkermord oder Kriegsverbrechen »öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost«, die geeignet sei, »den öffentlichen Frieden zu stören«. Das hatte der Rechtsausschuss zum Beschluss über ein Bundeszentralregistergesetz hinzugefügt, und schon am Folgetag wurde dieser Passus Gesetz. Ein Schelm, wer durch dieses Verfahren sein Vertrauen in die Rechtssicherheit erschüttert sieht.

Bei einem Vortrag erwähnten Sie vor kurzem Konflikte innerhalb der Friedensbewegung. Können Sie diese skizzieren?

Es gibt bedauerlicherweise einige Akteure, die bereit sind, die Friedensbewegung weit nach rechts zu öffnen. Das tritt das Andenken derer mit Füßen, die, angefangen in der Weimarer Republik, Frieden und Demokratie gegen Faschisten verteidigt und dabei oft genug ihr Leben verloren haben. Die AfD ist keine Friedenspartei, auch wenn sie im Bundestag gelegentlich gegen Bundeswehreinsätze stimmt. Sie tut das nicht aus pazifistischen, sondern aus nationalistischen Gründen. Sie ist eine militaristische Partei, mit der die Friedensbewegung überhaupt nichts gemein hat. Krieg und Faschismus sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Keinen Fußbreit den Faschisten!

Welchen Schluss ziehen Sie daraus mit Blick auf die Ostermärsche?

Wir ziehen eine deutliche Grenze nach rechts. Auch, um unser Anliegen nicht diskreditieren zu lassen. Nur so werden wir eine starke Stimme gegen Krieg und Faschismus sein, die es in dieser Zeit dringend braucht.

Felix Oekentorp ist Landessprecher der DFG-VK NRW und Koordinator des Ostermarsches Ruhr

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