3 Monate jW-digital für 18 Euro
Gegründet 1947 Sa. / So., 10. / 11. Juni 2023, Nr. 133
Die junge Welt wird von 2709 GenossInnen herausgegeben
3 Monate jW-digital für 18 Euro 3 Monate jW-digital für 18 Euro
3 Monate jW-digital für 18 Euro
Aus: Ausgabe vom 24.03.2023, Seite 3 / Schwerpunkt
China und Russland

»Tiefgreifende Veränderungen«

Xi und Putin skizzieren Überwindung westlicher Dominanz und Weg zur Multipolarität
Von Jörg Kronauer
imago0240057982h.jpg
Erfolgreiches Treffen: Nach drei Tagen in Moskau fliegt Präsident Xi nach China zurück (Moskau, 22.3.2023)

»Gegenwärtig geschehen Veränderungen, wie sie seit hundert Jahren nicht geschehen sind, und wenn wir gemeinsam vorgehen, steuern wir diese Veränderungen«: Mit diesen Worten verabschiedete sich Chinas Präsident Xi Jinping am Dienstag abend nach ausführlichen Gesprächen von seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin. »Veränderungen«: Damit waren der Abstieg des Westens und der Aufstieg neuer Mächte gemeint und die Folgen, die sie für die Weltpolitik haben. Xi und Putin hatten sich dazu bereits am Montag geäußert, unmittelbar vor Beginn ihres Treffens, und zwar in Namensartikeln, die in Tageszeitungen des jeweils anderen Landes abgedruckt wurden – Xis Beitrag in der Rossiskaja Gaseta, derjenige von Putin in der Renmin Ribao.

»Die Welt durchläuft tiefgreifende Veränderungen«, hatte Xi mit Blick auf den Abstieg des Westens konstatiert und gewarnt, dies gehe mit »komplexen und ineinander verschlungenen Herausforderungen für die Sicherheit« einher, mit »schädigenden Handlungen«, die sich aus dem Streben nach »Hegemonie« und »Dominanz«, aus dem »Drangsalieren« anderer ergäben. »Die geopolitische Landschaft« wandle sich »dramatisch«, hatte auch Putin geurteilt und seinerseits den »kollektiven Westen« ganz unverhohlen attackiert: »Sturer denn je an seinen veralteten Dogmen und seiner schwindenden Dominanz festhaltend«, setze er »das Schicksal ganzer Staaten und Bevölkerungen aufs Spiel«. Insbesondere die Politik der USA, die »Russland und China gleichzeitig abschrecken« solle und darüber hinaus gleich auch noch »alle diejenigen, die sich den amerikanischen Diktaten nicht beugen«, werde »immer erbitterterer und aggressiver«.

Russland und China, fuhr Putin in seinem Beitrag in der Renmin Ribao fort, hätten stets konsequent für »die Formung einer gerechteren multipolaren Weltordnung« plädiert, die »auf internationalem Recht« beruhen solle anstatt »auf gewissen ›Regeln‹«, die in der Praxis nur »den Bedürfnissen der ›goldenen Milliarde‹« dienten. Die »Regeln«, das bezog sich direkt auf die vielbeschworene, nirgends klar definierte »regelbasierte Weltordnung«, auf die sich der Westen in seinem Dominanzgehabe gern beruft; die »goldene Milliarde«, das ist das knappe Achtel der Weltbevölkerung, das in den wohlhabenden einstigen Kolonialmächten des Westens lebt und das sich bis heute den Großteil des globalen Reichtums unter den Nagel reißt. Xi gab sich in der Rossiskaja Gaseta langfristig optimistisch: »Der historische Trend« hin zu Frieden und Entwicklung sei »nicht zu stoppen«; die Bewegung hin zu »Multipolarität, wirtschaftlicher Globalisierung und mehr Demokratie in den internationalen Beziehungen« sei »unumkehrbar«.

Xi übernahm dabei einen Begriff, der seit Jahrzehnten vom Westen in Beschlag genommen wird, um seiner Weltpolitik einen Anschein von Legitimität zu verschaffen: die Fiktion einer »internationalen Gemeinschaft«. »Die internationale Gemeinschaft hat erkannt, dass kein Land anderen überlegen, kein Regierungsmodell universell ist und kein einzelnes Land die internationale Ordnung diktieren sollte«, schrieb der chinesische Präsident. Das ist nun eine Feststellung, die wohl wirklich auf breite Zustimmung in der Staatenwelt treffen dürfte – jedenfalls in den drei Vierteln aller Staaten weltweit, die nicht zum Westen gehören.

Onlineaktionsabo

Das Onlineaktionsabo der Tageszeitung junge Welt bietet alle Vorteile der gedruckten Ausgabe zum unschlagbaren Preis von 18 Euro für drei Monate. Das Abo endet automatisch, muss also nicht abbestellt werden. Jetzt Abo abschließen und gleich loslesen!

  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (24. März 2023 um 14:55 Uhr)
    Auch wenn es in gewissen linken Kreisen nicht goutiert wird: Man sollte sich vielleicht doch ein paar Gedanken über die imperiale Lebensweise und ihre Wirkung auf die ArbeiterInnenklasse machen …

Ähnliche:

  • »Keine einfache Lösung für eine komplexe Angelegenheit«: Präside...
    21.03.2023

    Xi auf Friedensmission

    Chinas Präsident zu Staatsbesuch in Moskau. Kiew begrüßt Dialog, Westen will Ukraine-Krieg fortsetzen
  • Im Bewusstsein der Historie umfassende Wirtschaftsreformen einle...
    03.03.2023

    Konservative Modernisierung

    Vorabdruck. Mobilisierung – Konsolidierung – Umorientierung. Zur aktuellen Entwicklung der Wirtschaft Russlands
  • 01.02.2023

    Den Feind verteufeln

    Die klassischen Prinzipien der Kriegspropaganda finden sich auch im westlichen Vorgehen gegen Russland und China

Mehr aus: Schwerpunkt

Startseite Probeabo