Macron beschimpft Franzosen
Von Hansgeorg Hermann
Am Dienstag abend beschied Frankreichs Präsident Emmanuel Macron seiner Regierungschefin Elisabeth Borne und der zum Rapport angetretenen Ministerrunde, wie es weitergehen wird: Die Premierministerin soll bleiben, sie sei »loyal, habe ihren Job gemacht«, zitierte ihn die satirische Wochenzeitung Le Canard enchainé in ihrer jüngsten Ausgabe. Ansonsten: keine Auflösung des Parlaments, keine Neuwahlen, keine Regierungsumbildung, keine Rücknahme des Rentendiktats. Dafür eine deutliche Einschätzung der Empörung, die in den vergangenen Monaten viele Millionen Menschen gegen Macrons »Reform« auf die Straßen getrieben hatte: »Die Masse«, so der Präsident, habe »keinerlei Legitimität«, ihre Revolte werde »den Repräsentanten des Volkes die Entscheidung nicht entreißen«. In kurzen, schneidigen Worten erklärte Macron am Mittwoch im TV-Interview der Kanäle TF1 und France 2, er habe »nichts zu bedauern«, es gehe darum, zu »machen, was notwendig ist«.
Im Fernsehen sagte Macron, das per Dekret durchgesetzte Rentengesetz – es soll ab 1. September gelten – sei »seinen demokratischen Weg gegangen«. Der am Montag gescheiterte Misstrauensantrag gegen seine Premierministerin gilt dem Staatschef als »demokratische Bestätigung« seiner »Reform«. Befragt nach dem millionenfachen Widerstand gegen seine Rentenpolitik, antwortete er: »Wenn ich deswegen unpopulär sein muss, dann nehme ich das hin.« Sicher sei seit dem überstandenen Misstrauensvotum, dass es in der Nationalversammlung »keine alternative Mehrheit« zu seinem die Regierung tragenden rechten Bürgerblock gebe.
Mit den Gewerkschaften will der Staatschef erst »in einigen Wochen« wieder in Kontakt treten. »Dem Protest Raum zu geben« sei das Gebot der Stunde – ihn quasi auslaufen zu lassen, bevor die nächsten »Reformen« zusammen »mit den Sozialorganisationen« angepackt werden könnten. Es gelte, sich dann zusammen mit den Gewerkschaften neu zu engagieren.
Macrons im Fernsehen verkündete Schwerpunktprojekte für die nahe Zukunft betreffen vor allem die von ihm so genannte »republikanische Ordnung«: Aufrüstung der Armee und Rekrutierung von 200 zusätzlichen Gendarmeriebrigaden, »um uns zu schützen« – sowie die »Reform« des Bildungssektors. Ebenfalls in Vorbereitung: ein schärferes Einwanderungsgesetz.
Onlineaktionsabo
Das Onlineaktionsabo der Tageszeitung junge Welt bietet alle Vorteile der gedruckten Ausgabe zum unschlagbaren Preis von 18 Euro für drei Monate. Das Abo endet automatisch, muss also nicht abbestellt werden. Jetzt Abo abschließen und gleich loslesen!
Ähnliche:
- © ARTE/Les Films d'Ici31.01.2023
Vorschlag
- Ulmer/Teamfoto/imago31.12.2022
Das Zerfließen der Jessy Wellmer
- Famille Gilliard/Musée de l'Elysée, Lausanne/ARTE France29.10.2022
Vorschlag
Regio:
Mehr aus: Ausland
-
Massenstreik in Uruguay
vom 23.03.2023 -
Alle Macht dem Präsidenten
vom 23.03.2023 -
Diener des Westens
vom 23.03.2023 -
Übers Völkerrecht hinweg
vom 23.03.2023