400 Euro mehr – in zwei Jahren
Von David Bieber
Für einen Teil der Brauereien in Nordrhein-Westfalen (NRW) liegt ein Tarifabschluss vor. Das bestätigte Isabell Mura, stellvertretende Landesbezirksvorsitzende der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG), auf jW-Anfrage am Freitag. Für eine Laufzeit von 27 Monaten bis März 2025 gibt es bei den rheinisch-westfälischen Brauereien »430 Euro tabellenwirksam mehr Lohn« plus 3.000 Euro Inflationsprämie. Beides werde allerdings gestückelt gezahlt, in drei Schritten. Ab 1. April 2023 erhalten die bis zu 2.000 Beschäftigten, für die verhandelt wurde, monatlich 180 Euro mehr, ab 1. Februar 2024 noch mal 150 Euro und ab 1. Dezember 2024 weitere 100 Euro.
In einem zweiten Tarifgebiet, bei den sieger- und sauerländischen Brauereien, sind die nächsten Verhandlungen für den 28. April geplant, so Mura. Von einem ähnlichen Ergebnis ist auszugehen. »Es waren anstrengende Verhandlungen, die kurz vor dem Scheitern standen. Wir haben aber die Kurve bekommen. Mit dem Abschluss sind wir zufrieden«, sagte Mura, nur mit der Laufzeit zeigte sie sich nicht ganz glücklich.
Die NGG hatte 430 Euro mehr pro Monat gefordert, 150 Euro für Auszubildende, »egal, ob für den Brauer, die Lebensmitteltechnikerin oder für den Lagerarbeiter im Fasskeller«, meinte NGG-Geschäftsführer Dortmund, Torsten Gebehart. Auf der Gegenseite saßen am Verhandlungstisch Michael Hollmann, Geschäftsführer der Bolten-Brauerei mit Sitz in Korschenbroich, sowie Heinz Linden, Geschäftsführer des Brauereiverbandes NRW.
Die Streikbereitschaft war hoch. Am Mittwoch traten die Beschäftigten der Duisburger König-Brauerei zum zweiten Mal binnen drei Wochen in den Ausstand, es gab Streiks bei der DAB-Brauerei in Dortmund, bei Reissdorf in Köln, bei Stauder in Essen oder bei Diebels im niederrheinischen Issum. Nach Angaben des NRW-Landesverbandes der NGG gab es 104 Streikstunden.
Im Duisburger Stadtteil Beeck, wo König-Pilsener gebraut wird, sagte der Betriebsratsvorsitzende der König-Brauerei, Rudolf Sickau, am Freitag im Gespräch mit jW: »Wir haben das Beste für uns herausgeholt. Unsere Streiks waren effektiv.« Die in Deutschland ansässigen Brauereien und Bierlager haben ihren Absatz 2022 um 2,7 Prozent gesteigert. 7,2 Milliarden Liter, rund 82,5 Prozent des Gesamtabsatzes, entfielen auf den Inlandsverbrauch. Das sind vier Prozent mehr als 2021.
Die Bitburger-Braugruppe, zu der die König-Brauerei seit 2004 gehört, konnte beim Absatz um rund elf Prozent zulegen, erklärte am Donnerstag aber auf jW-Anfrage: »Absatzzahlen sind im Kontext der laufenden Tarifrunde aus unserer Sicht die falsche Kennzahl, da sie nicht die dramatisch veränderte Kostenstruktur in den Brauereien widerspiegeln.«
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