Schießanlage im Nebel
Von Gabriel Kuhn
Weltmeisterschaft Nummer zwei im Oberhofer Winter 2023: Nach der Rennrodel-WM Ende Januar wird ab heute, dem 8.2., im Thüringer Wintersportzentrum die Biathlon-WM ausgetragen.
16 deutsche Medaillen wie bei den Rodlern wird es dabei nicht geben, auch wenn das Biathlon-Team des Deutschen Skiverbandes im bisherigen Weltcupwinter eine starke Mannschaftsleistung gezeigt hat. In insgesamt acht Staffelrennen bei Herren und Damen stand man siebenmal auf dem Podest. Nur die Frauen schrammten in Hochfilzen mit Rang vier knapp daran vorbei. In den Einzelrennen plazierten sich insgesamt sieben Herren und acht Damen in den Weltcuppunkterängen, doch es hapert an Spitzenplazierungen. Nach den überraschenden dritten Plätzen von David Zobel (SC Partenkirchen) im 20-Kilometer-Wettbewerb und Roman Rees (SV Schauinsland) im Zehn-Kilometer-Sprint beim Weltcupauftakt im finnischen Kontiolahti gelang bei den Herren nur noch Benedikt Doll (SZ Breitnau) mit Rang drei im Sprint von Annecy-Le Grand-Bornand der Sprung aufs Podest. Bei den Damen gewann Denise Herrmann-Wick (WSC Erzgebirge Oberwiesenthal) zweimal (den Sprint in Hochfilzen und die Verfolgung in Antholz) und belegte einmal Rang drei (im Sprint von Annecy-Le Grand-Bornand), doch das war’s. Die siebenfache WM-Medaillenträgerin Franziska Preuß (SC Haag) musste aufgrund chronischer gesundheitlicher Probleme die Saison vorzeitig beenden, und die dreifache Staffelweltmeisterin Vanessa Hinz (SC Schliersee) verkündete aus gleichem Anlass vor wenigen Tagen gar das Ende ihrer Karriere.
Alles dreht sich um Medaillen
Gut, dass die WM mit einer Staffel beginnt, könnte man meinen. Doch gerade in der bisher einzigen Mixed-Staffel dieses Winters, auf der Pokljuka in Slowenien, reichte es für das DSV-Team nach zwei Strafrunden für Sophia Schneider (SV Oberteisendorf) nur zu Rang fünf. Das Aufgebot für den WM-Wettbewerb stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Auf der Pokljuka trat Schneider an der Seite von Roman Rees, Benedikt Doll und Denise Herrmann-Wick an.
Geschlossene Mannschaftsleistungen zählen bei einer WM wenig, alles dreht sich um die Medaillen. Zudem ist die WM in Oberhof die erste Biathlon-WM seit 20 Jahren, deren Resultate nicht zum Weltcup zählen. Da pro Nation maximal vier Athleten an den Start gehen können, würden sich die Resultate verzerrend auf die Weltcupwertung auswirken, so die Internationale Biathlon-Union nach langen Diskussionen.
Die Medaillen in Oberhof werden sich zum größten Teil Norwegen, Frankreich, Italien und Schweden aufteilen. Bei den Herren ist die norwegische Dominanz im Weltcup enorm. Der dreifache Gesamtweltcupsieger Johannes Thingnes Bø führt die Wertung mit 1.139 Punkten vor Sturla Holm Lægreid (920) und Vetle Sjåstad Christiansen (588) an. Der Viertplazierte Franzose Quentin Fillon Maillet liegt mit 483 Punkten bereits weit zurück.
Ausgeglichener ist das Bild bei den Damen. Julia Simon aus Frankreich führt mit 811 Punkten vor der Schwedin Elvira Öberg (735) und der Italienerin Lisa Vittozzi (641). Denise Herrmann-Wick ist mit 588 Punkten Fünfte. Auch das norwegische Damenteam ist durch Krankheiten geschwächt. Die zehnfache Weltmeisterin Tiril Eckhoff verpasst die WM aufgrund von Long Covid, die Gesamtweltcupsiegerin des Vorjahres, Marte Olsbu Røiseland, konnte aufgrund einer Gürtelroseerkrankung erst Anfang Januar ins Weltcupgeschehen einsteigen. Bei den letzten Wettbewerben vor der WM, in Antholz in Südtirol, klopfte sie mit den Plätzen vier im Sprint und fünf in der Verfolgung schon an das Podest an.
Zwölf Entscheidungen
An Unterstützung sollte es dem Team des DSV in Oberhof nicht mangeln. 16.500 Zuschauer fasst die Arena am Rennsteig. Die Schießanlage ist wunderschön in einem Kessel gelegen, was die Wettkampfstätte zu einer der attraktivsten im Biathlon überhaupt macht. Nur für Nebel ist sie anfällig, doch das gehört zum Oberhofer Flair. Für die WM wurde die Anlage auf den neusten Stand gebracht, 30 Millionen Euro ließen sich das Land und Bund kosten. Mit den Zuschauern, die sich neben dem Stadion an der Strecke verteilen, können bis zu 30.000 Menschen den Wettkämpfen beiwohnen.
Insgesamt kommt es in Oberhof zu zwölf Medaillenentscheidungen. Abgeschlossen wird die WM am 19. Februar mit den Massenstarts der Männer und Frauen.
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