Die Freiheit der Herrschenden
Von Laura Braunschweig
Am Freitag ist im Golf von Guinea die zweiwöchige multinationale Militärübung »Obangame Express 2023« zu Ende gegangen. Offiziell rund 30 »gleichgesinnte Partner«, wie es in verschiedenen Ankündigungen hieß, hatten sich die »Bekämpfung der Piraterie« auf die Fahne geschrieben, darunter Marinen und Küstenwachen aus afrikanischen und einem knappen Dutzend NATO-Ländern sowie Brasilien. Auch die internationale Polizeibehörde Interpol war beteiligt. Auf hoher See und in Häfen sollten militärische Einsätze geübt werden, aber auch medizinische Versorgung und Rettungsmaßnahmen, wie es auf der Website der US-Seestreitkräfte für Europa und Afrika hieß.
Die BRD sitzt bei »Obangame« seit 2014 mit im Boot. Die Kooperation mit dem in Stuttgart ansässigen Afrikanischen Kommando der USA (Africom) scheint Ausdruck des offiziell propagierten Willens, »Verantwortung in Afrika« zu übernehmen.
Guinea war bei dem Manöver nicht mehr dabei. Das Land wurde nach dem Militärputsch Mamady Doumbouyas im Jahr 2021 mit US-gestützten Sanktionen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) belegt. ECOWAS selbst war mit »Friedenstruppen« an der Übung beteiligt.
Südafrika lehnte die Teilnahme ab, wie Africom-Konteradmiral Chase Patrick auf einer Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag erklärte. Das Land wird vom 17. bis 27. Februar gemeinsam mit der chinesischen und russischen Marine vor der Hafenstadt Durban die Militärübung »Operation Mosi« abhalten.
Es handle sich bei »Obangame« um die »größte maritime Übung West- und Zentralafrikas«, wie der Ankündigung der in Neapel stationierten Africom-Marine zu entnehmen ist, unter deren Ägide die Übung zum zwölften Mal stattfand. Beim »Flag-off« am 27. Januar im kurz vor den Wahlen stehenden Gastland des Manövers, Nigeria, wurde den USA für ihre »globale Friedensmission« applaudiert.
Der Golf von Guinea wird nicht nur im Westen als »Pirateriehotspot« betrachtet. »Obangame« bedeute in der zentralafrikanischen Sprache Fang »zusammen sein«. Derart um Augenhöhe bemüht, sei eine intensivere Kooperation nötig, um entschieden gegen maritime Piraterie vorzugehen, so der Africom- und NATO-Vizeadmiral Thomas Ishee. Die Übung findet im Rahmen des 2013 von westafrikanischen Staatschefs etablierten »Yaoundé-Prozesses« für mehr maritime Sicherheit im Golf von Guinea statt und reiht sich in eine Vielzahl weiterer Kooperationen ein: Frankreich veranstaltete seine »Grand African Nemo«-Übung zuletzt im Oktober. Zusätzlich zu Manövern am Horn von Afrika führe Africom laut ihrer Webseite auf dem Kontinent mit »Regional-Express« Obangame, Phoenix und Cutlass jährlich drei Anti-Piraterie-Manöver durch. Ergänzt werden diese um Anti-Terror-Manöver wie »Flintlock«, das vom 1. bis 15. März in den diesjährigen Gastländern Ghana und Elfenbeinküste stattfindet.
Laut der US-Botschafterin in Nigeria, Mary Beth Leonard, liege das gemeinsame Interesse mit Blick auf das Manöver in der Wahrung der Sicherheit und Freiheit auf den Gewässern rund um Afrika, wie es in einer Pressemitteilung vom 24. Januar hieß. Das sei maßgeblich für Afrikas Wohlstand und den »Zugang zu den globalen Märkten«. Die Africom-Marine schrieb am 1. Februar diesbezüglich auf Twitter: »Wie Terrorismus den Handel, so gefährdet Piraterie den Profit. Ohne Handel und Profit – kein Geld für Bildung, Medizin.«
Von der versprochenen Sicherheit und Freiheit sieht die junge, je nach Land unterschiedlich lautstarke Bevölkerung jedenfalls wenig. Die überwiegend im Westen verschuldeten Anrainer sind meist Teil der an den Euro gebundenen CFA-Franc-Währungszone, die insbesondere von Frankreich maßgeblich kontrolliert wird. Vom Reichtum aus der Ausbeutung der Rohstoffe profitieren andere. Was vor Ort bleibt, landet nicht selten in den Taschen der korrupten (Kompradoren-)Bourgeoisie.
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