Bolsonaro droht Genozidanklage
Von Jörg Tiedjen
Die brasilianische Regierung hat am Dienstag (Ortszeit) bekanntgegeben, dass sie mehr als 50 Beamte entlassen habe. Sie seien unter Expräsident Jair Bolsonaro in Menschenrechtsverbrechen an den Yanomami verwickelt gewesen. Nach dem Tod von etwa hundert Kindern der Indigenen hatte der brasilianische Justizminister Flávio Dino am Sonnabend Ermittlungen wegen des Verdachts auf Völkermord eingeleitet. »Wir denken, dass es sehr klare Hinweise darauf gibt, dass der indigenen Bevölkerung Nahrungs- und Sanitärhilfe verweigert wurde«, wie Dino laut AFP im brasilianischen Rundfunk erklärte.
Die Yanomami sind die größte indigene Gemeinschaft im Amazonasgebiet. Sie leiden unter den Folgen illegalen Bergbaus, der unter dem extrem rechten Bolsonaro gefördert wurde und sich so ungehindert ausbreiten konnte. Die Verseuchung von Böden und Gewässern durch das von Minenarbeitern eingesetzte Quecksilber gefährdet die Nahrungsmittelversorgung. Nach Angaben des Ministeriums für indigene Völker sind im vergangenen Jahr 99 Yanomami-Kinder im Alter zwischen einem und vier Jahren an Unterernährung und Erkrankungen wie Lungenentzündung oder Durchfall verstorben.
Am Sonnabend hatte Dino gemeinsam mit dem neuen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva den Bundesstaat Roraima besucht, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. Auf Twitter schrieb Lula: »Was ich in Roraima gesehen habe, war mehr als eine humanitäre Krise. Es war Völkermord. Ein vorsätzliches Verbrechen an den Yanomami, begangen von einer Regierung, die für das Leiden des brasilianischen Volkes kein Verständnis hat.« Eine interministerielle Arbeitsgruppe wurde mit der Bewältigung der humanitären Krise unter den Yanomami beauftragt. Nach einem Bericht des Senders Telesur hat sie 45 Tage Zeit für die Ausarbeitung eines Aktionsplans.
Zu den von der brasilianischen Regierung entlassenen Beamten gehören laut Telesur elf regionale Mitarbeiter des Spezialsekretariats für indigene Gesundheit (Sesai) sowie 43 regionale und staatliche Leiter der Nationalen Stiftung für indigene Völker (Funai). Die bisher vom Militär geleiteten Behörden werden von nun an von Vertretern der indigenen Gemeinschaften selbst geleitet, während Funai Teil des Ministeriums für indigene Völker wird.
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