Ausputzer des Tages: Rudi Völler
Von Peter Merg
Wenn du mal nicht weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis. Und weiter wusste man beim Deutschen Fußballbund nach dem adorablen Ausscheiden in der WM-Vorrunde nun wirklich nicht. Nur eins war klar: Es mussten Köpfe rollen. Da man aber Trainer Hansi »Stahlhelm« Flick erst vor eineinhalb Jahren unter großem Tamtam eingekauft hatte, war Manager Oliver Bierhoff dran. Die große Geste lässt man sich in Frankfurt am Main einiges kosten, angeblich so viel, dass man nun keine Ablöse für einen geeigneten Nachfolger zusammenkratzen kann, weil der Fußballzirkus so wenig abwirft.
Ein kniffliger Job für die fünfköpfige »Taskforce« um Hans-Joachim Watzke, insofern der geeignete Mann, als er auch beim BVB schon seit acht Jahren keinen passenden Trainer findet. Wer also ist billig, verfügbar und hinreichend schmerzbefreit? Fredi Bobic schon mal nicht, für den wollte die Berliner Hertha Geld sehen. Eine unpatriotische Frechheit. Doch wie wusste ein Frankfurter Lokaldichter: »Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah.« Muss also wieder der Rudi ran. Der hat nicht nur die Haare schön (»Was meine Frisur betrifft, bin ich Realist«), sackweise Sachverstand (»Brasilianische Spielweise mit Füßen aus Malta, das geht nicht«) und Erfahrung im Platz-warm-Halten (Christoph Daum 2000, Sie wissen schon), sondern auch den direkten Draht zur Fanseele. Die streichelt er nun mit klaren Botschaften: »Die Basis von allem (ist), dass wir uns sportlich gut verkaufen, aber uns auch im Vorfeld volksnäher geben. Wie das aussehen wird, wird man sehen«, »Ich bilde mir nicht ein, dass ich fähig bin, die ganzen Strukturen beim DFB zu ändern« und »Ich will da gar nichts versprechen.« Schöner kann man »Ich habe doch auch keinen Plan, aber lasst uns uns endlich wieder gut fühlen« nicht ausdrücken. Doch Völler hat Glück. Sollt das Gesundbeten nicht helfen und er mal nicht weiterwissen: Die Taskforce bleibt im Amt.
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vom 24.01.2023