EU rüstet Kiew weiter auf
Von Matthias István Köhler
Die EU hat ihre Militärhilfe für die Ukraine erneut aufgestockt. Die EU-Außenminister billigten am Montag in Brüssel eine weitere Tranche von 500 Millionen Euro, mit der gemeinsame Waffenkäufe und Munition finanziert werden, wie Diplomaten mitteilten. Damit erhöhen sich die seit Beginn des russischen Eingreifens in den Krieg im Donbass bereitgestellten Mittel auf 3,6 Milliarden Euro. Das Geld fließt aus einem Topf außerhalb des EU-Haushalts, der sogenannten Friedensfazilität, den die BRD als größte Volkswirtschaft zu rund einem Fünftel finanziert.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow erklärte derweil am Montag in Pretoria, er sehe in der Ukraine keinen »hybriden Krieg« des Westens gegen Russland, sondern einen »echten Krieg«. Das sagte er laut der russischen Nachrichtenagentur TASS nach Gesprächen mit seiner südafrikanischen Amtskollegin Naledi Pandor. Der Krieg sei vom Westen »seit langem gegen Russland vorbereitet« worden.
Der russische Auslandsgeheimdienst (SWR) warf der Ukraine am Montag vor, vom Westen gelieferte Waffen auf dem Gelände von Atomkraftwerken zu stationieren. Kiew gehe davon aus, dass die russischen Truppen wegen der Gefahr einer nuklearen Katastrophe keine Schläge gegen die AKW verübten, teilte der Direktor des Auslandsgeheimdiensts, Sergej Naryschkin, in Moskau mit. Der SWR-Chef erklärte, es gebe glaubwürdige Angaben, dass etwa US-amerikanische »Himars«-Mehrfachraketenwerfer und großkalibrige Artillerie dort untergebracht würden. In der letzten Dezemberwoche seien beispielsweise über die Bahnstation Rafaliwka im Westen der Ukraine Eisenbahnwaggons mit der »tödlichen Fracht« in das AKW Riwne gebracht worden.
Warschau kündigte derweil am Montag an, in Berlin einen Antrag auf Lieferungen der »Leopard«-Kampfpanzer an die Ukraine zu stellen. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki erklärte gleichzeitig, seine Regierung werde die Panzer unabhängig von einer deutschen Entscheidung schicken.
Während in der EU und auch in der Berliner Regierungskoalition die Diskussion über Panzerlieferungen an Kiew weiterging, erklärte der Sprecher des russischen Präsidialamtes, Dmitri Peskow, die Debatte zeuge von einer »wachsenden Beunruhigung« innerhalb des Bündnisses. Alle Länder, die direkt oder indirekt daran beteiligt seien, »Waffen in die Ukraine zu pumpen«, trügen die Verantwortung. »Die Hauptsache ist, dass das ukrainische Volk den Preis für diese Pseudounterstützung zahlen wird.«
Unterdessen begann die Bundeswehr am Montag die Auslieferung von zwei Raketenabwehrsystemen des Typs »Patriot« nach Polen. Die Systeme sollen laut Verteidigungsministerium aus Gnoien in Mecklenburg-Vorpommern in den Südosten Polens nahe der ukrainischen Grenze verlegt werden. Insgesamt sollen drei »Patriot«-Systeme verlegt werden. Sie sollen offiziellen Angaben zufolge zum Schutz des polnischen Luftraums beitragen und die NATO-Luftverteidigung an der sogenannten Ostflanke stärken.
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Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude, Russland (25. Januar 2023 um 06:57 Uhr)Panzer ist nicht gleich Panzer. Liefern die USA, dann haben die Russen noch im Hinterkopf, dass die sie im Zweiten Weltkrieg unterstützt haben und dass seit Hiroshima sowieso klar ist, dass die USA der Erzfeind von Russland sind. Diesbezüglich gibt es dort nur noch ein Achselzucken. Von den Deutschen dagegen wäre nach 1945 mit recht zu erwarten gewesen, dass Deutschland sich gegenüber Russland in jedem Fall mindestens neutral verhält. Auf Grund der historischen Schuld tut es dies ja gegenüber Israel auch, unterstützt Israel auf vielen Gebieten, obwohl dieser Staat fremdes Territorium besetzt hält und mehr Kriege führte als Russland nach 1945. Außerdem sind sehr viele Bürger Israels ehemalige Bürger der UdSSR. Man kann nicht die unterstützen, die nach Israel zogen und die bekriegen, die im Donbass bzw. in Russland blieben. Als verlogenes Täuschungsmanöver betrachten die Russen nunmehr, dass Deutschland sich im Gegensatz zu den USA nach 1945 fast 80 Jahre lang Asche aufs Haupt streute, die Ostverträge unter Brandt abschloss, gegenüber Gorbatschow Zusagen machte und Süßholz raspelte, bis die deutsche Einheit unter Dach und Fach war, Putin mit einhelligem Applaus im Bundestag begrüßte und jetzt auf einmal das Gegenteil tut, ohne von Russland angegriffen worden zu sein. Jeder einzelne »Leopard«-Panzer wird nun Hunderttausende bisher vielleicht noch zweifelnde Russen davon überzeugen, dass es jetzt erneut losgeht. Im russischen Fernsehen kann man quasi jeden Tag auf irgendeinem Kanal in irgendeinem Film deutsche Panzer im Zweiten Weltkrieg sehen. Und nun knüpfen die Russen an diese Erfahrungen in ihren Familien und tausend Erzählungen und Bilder an. Die Panzerlieferungen aus Deutschland haben kaum oder nur sehr begrenzt direkte militärische Bedeutung. Aber sie mobilisieren in Russland kolossal. Es ist bereits vom neuen »Vaterländischen Krieg« und Generalmobilmachung die Rede. Deutschland hätte sich mit guten Argumenten aus der ganzen Sache heraus halten müssen.
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Leserbrief von Manuel Schwertfeger aus Görlitz (25. Januar 2023 um 15:04 Uhr)Natürlich ergibt sich aus der deutschen Geschichte heraus eine Verantwortung gegenüber der gesamten Welt, ihre Historie aufzuarbeiten und für Frieden und Diplomatie zu Sorgen, aber ich möchte es nochmal festhalten: Die Russische Föderation ist nicht die Sowjetunion. Es mag sein, dass einige jW-Leser und Menschen aus älteren Bevölkerungsschichten in Russland das noch nicht verinnerlicht haben, aber diese beiden Staaten trennen Welten. Dass der russische Propagandaapparat diese Geschichte von deutschen Panzern an Russlands Grenzen jetzt ausschlachtet, war abzusehen, nur beruht diese Verbildlichung komplett auf der Verdrehung von Tatsachen. Deutsche Panzer rollen nicht durch den Donbass mit Moskau als nächstem Stopp, sondern sie rollen dort, um Moskau den Weg nach Kiew zu versperren. Dass der bisherige Kurs des Westens alles andere als konstruktiv und deeskalativ ist, steht unter einem ganz anderen Scheffel. Nur ist der Kurs von Putin und seiner Mafiabande im Kreml ebenfalls alles andere als gegenteilig.
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