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Aus: Ausgabe vom 21.01.2023, Seite 6 / Ausland
Unabhängigkeit vom Commonwealth

Inselstaat selbstbewusst

Premier von Antigua und Barbuda knapp im Amt bestätigt. Austritt aus Commonwealth vorangetrieben
Von Volker Hermsdorf
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Der alte und neue Premier von Antigua und Barbuda: Gaston Browne vor der UN-Versammlung in New York (23.9.2022)

Der Premier des ostkaribischen Inselstaats Antigua und Barbuda, Gaston Browne, hat die Parlamentswahlen am Mittwoch (Ortszeit) gewonnen. Seine Antigua and Barbuda Labour Party (ABLP) erreichte neun der 17 Sitze, meldete das Onlineportal Antigua News Room nach Veröffentlichung des vorläufigen Endergebnisses am Donnerstag Ortszeit. Zwar hält der sozialdemokratische Politiker weiterhin die absolute Mehrheit, doch die ebenfalls »Mitte-links« zu verortende Vereinigte Fortschrittspartei (UPP) verzeichnete als wichtigste Oppositionskraft mit sechs Sitzen deutliche Zugewinne. Mit jeweils einem Sitz werden auch die Volksbewegung von Barbuda und ein unabhängiger Kandidat aus der Gemeinde Parish of Saint Peter im Parlament vertreten sein. Bei den Wahlen 2018 hatte sich die ABLP noch 15 Sitze sichern können.

Browne, der als erster Regierungschef von Antigua und Barbuda bei drei Parlamentswahlen in Folge siegreich war, bezeichnete das Ergebnis trotz der Verluste als »bedeutenden Vertrauensbeweis«, dem er weiterhin gerecht werden wolle. Die von ihm geführte Regierung müsse jetzt die Möglichkeit nutzen, »sich neu auszurichten und neue Talente zu fördern«. Der Wahlkampf hatte sich vor allem um regionale Themen gedreht. Die UPP habe davon profitieren können, dass jüngere Wähler viele Abgeordnete nach zwei Amts­perioden für verbraucht hielten, hieß es in örtlichen Medien. Browne hat seiner Partei deshalb signalisiert, dass sie »frische Beine und neue Talente brauche«, berichtete Antigua News Room. Entgegen dem Trend gewann der Premier im eigenen Wahlkreis doppelt so viele Stimmen wie sein UPP-Konkurrent.

Zustimmung erhält Browne vor allem für seinen außenpolitischen Kurs und die angestrebte Loslösung des Landes von der britischen Krone. Vergangenen September kündigte er an, in den nächsten drei Jahren ein Referendum über die Umwandlung des Karibikstaates in eine Republik durchführen zu lassen. Antigua und Barbuda hatte 1981 die Unabhängigkeit erlangt, behielt aber die britische Monarchin als Staatsoberhaupt bei.

Browne machte 2014 bei seinem Amtsantritt keinen Hehl daraus, dass er die Ablösung und die Republik anstrebt. Der britische Prinz Edward und seine Frau Sophie besuchten im April 2022 im Namen der Queen Antigua und Barbuda, sie wurden dort mit Forderungen nach Wiedergutmachung für Sklaverei und Greueltaten in der früheren Kolonie konfrontiert. Wenig diplomatisch bat Browne die beiden Royals, ihren »Einfluss geltend zu machen, um Gerechtigkeit für das erlittene Unrecht aus der Kolonialzeit zu schaffen«. 2021 konnte sich bereits das südlich von Antigua und Barbuda gelegene Barbados zur Repub­lik erklären. Staatspräsidentin Sandra Mason würdigte damals den Übergang als einen »bahnbrechenden Moment«, durch den eine der ersten Sklavenkolonien Englands die eigene Vergangenheit vollständig hinter sich lasse.

Auch gegenüber den USA gibt sich der Premier des knapp 100.000 Einwohner zählenden Inselstaates selbstbewusst. Im April 2018 sagte er die Teilnahme am 8. Amerikagipfel in Lima ab, um gegen den von Washington erwirkten Ausschluss Venezuelas zu protestieren. Vor dem 9. Gipfel in Los Angeles drohten Antigua und Barbuda sowie andere Mitglieder der Karibischen Gemeinschaft (Caricom) ebenfalls an, nicht am Gipfel teilzunehmen, weil Washington Kuba, Nicaragua und Venezuela ausgeschlossen hatte. Sein Land unterstütze »keine Politik der Ausgrenzung Kubas, Vene­zuelas und anderer Länder«, begründete Browne im Mai vergangenen Jahres seine Absage.

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