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Aus: Ausgabe vom 18.01.2023, Seite 11 / Feuilleton
Heimatkunde

Überall ist Uhlenbusch

Von Frank Schäfer
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Könnte Konstantin (M.) sein

Hahn, da kräht er. Und dann die Kinderstimme, die noch ein bisschen wacklig und unfertig zu singen anhebt. Die zweite Strophe macht dann klar, um was es geht. »Für Gockel Konstantin hat schlafen keinen Sinn. / Wer soll uns sonst im Leben / von Uhlenbusch erzählen?« »Neues aus Uhlenbusch« hieß die Kinderserie, deren Trailer ich hier noch einmal in Erinnerung rufe, für die ich eigentlich schon zu alt war damals Ende der 70er, die aber den Vorzug besaß, dass sie in Loccum, Münche­hagen, Wiedensahl und Bornum am Elm, also in der tiefsten niedersächsischen Steppe, gedreht wurde. Hier sah alles so aus es wie in meinem Heimatkaff. Zum Weglaufen. Aber wir waren im Fernsehen. Gewissermaßen.

Daran dachte ich nach langer Zeit mal wieder, als das junge Nachbarehepaar von sogenannten Freunden einen Hahn geschenkt bekam, damit ihre kleine Hühnerschar, dieser lose, undisziplinierte Haufen, ein bisschen Leadership erfuhr. Natürlich nannten wir ihn Konstantin. Zu Recht, denn der Kerl entpuppte sich als Ewigpubertierender, das gibt es wohl gelegentlich auch in der Tierwelt, mit enormem Mitteilungsdrang. Die Hormone drückten ihm so gewaltig auf den Knorpel, dass er den lieben langen Tag über krähte, nicht nur früh am Morgen, wie es zu den Usancen seiner Zunft gehört.

Das wurde zu einem hübschen Running Gag und nervte die Nachbarn selbst so dermaßen, dass sie ihn ins Exil schickten, an den Elmrand nämlich, man ahnt es längst, nach Bornum, wo die Pläne schier unendlich scheint und so ein Halbstarker sich richtig gehen lassen kann, ohne dass er die Werktätigen im Homeoffice beim Mittagsschlaf stört. Die Welt ist also wieder ein kleines Stückchen heiler. Ich schreibe das alles so ausführlich, damit mir keiner nachsagen kann, ich hätte den Blick für das Positive verloren.

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