Prädestinierter des Tages: Boris Pistorius
Von Monika und Otto Köhler
Wir haben Boris Pistorius als Oberbürgermeister der Friedensstadt Osnabrück am 27. Mai 2010 schätzengelernt. Er hatte damals bei der Jahrestagung des Deutschen PEN eine gute Rede gehalten: Zum Jahrestag des Westfälischen Friedens von 1648 reiten alle Schülerinnen und Schüler der Osnabrücker vierten Klassen auf ihren selbstgebauten Steckenpferden durch die Stadt zum Rathaus. Sie symbolisieren den Ritt der Friedensboten, die 1648 die vom Osnabrücker Rathaus ausgehende Friedensbotschaft in alle Landesteile getragen haben.
Darum haben wir uns gefreut, dass er im Dezember 2013 als zuständiger niedersächsischer Minister für Inneres uns mit einer Urkunde »zum seltenen Fest der Goldenen Hochzeit« seine »herzlichen Glückwünsche« aussprach.
Die Freude und der Frieden währten kurz. Nach vier Wochen schickten wir Pistorius die Urkunde zurück. Warum?
Am 9. Januar 2014 waren uniformierte Soldaten der Hannoverschen 1. Panzerdivision (Leitspruch: »Wir fürchten nichts auf der Welt«) in den Landtag eingedrungen. Sie nahmen im Plenum die Plätze der gewählten Volksvertreter ein – die wurden auf die Zuschauerbänke vertrieben. Angeordnet hatte das der Innen- und Verfassungsminister Boris Pistorius in Kollaboration mit dem Landtagspräsidenten. Die Abgeordneten wurden auf die Zuschauerplätze verwiesen oder protestierten – wie Die Linke – draußen vor der Tür. Pistorius hieß die Soldaten auf den Abgeordnetensitzen willkommen und verabschiedete sie dort in den Krieg in Afghanistan.
Ab Donnerstag ist Pistorius nicht mehr niedersächsischer Innen- und Verfassungsminister, sondern Bundesverteidigungsminister. Wann marschiert die 1. Panzerdivision in Berlin ein? Was geschieht mit dem Reichstagsgebäude?
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vom 18.01.2023