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Aus: Ausgabe vom 18.01.2023, Seite 7 / Ausland
Anklage gegen Umstürzler

Rechte auf der Flucht

Venezuela: Haftbefehl gegen Oppositionellen Julio Borges wegen Beteiligung an Putschversuch
Von Volker Hermsdorf
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Auf der Suche nach Verbündeten: Julio Borges bei einem Besuch in der Dominikanischen Republik (Santo Domingo, 7.2.2018)

Die venezolanische Staatsanwaltschaft hat am Montag (Ortszeit) einen neuen Haftbefehl gegen den Oppositionspolitiker Julio Borges erlassen. In einer Pressekonferenz erklärte Generalstaatsanwalt Tarek William Saab, dass »neue belastende Beweise für seine Beteiligung an dem missglückten Putschversuch vom 30. April 2019« aufgetaucht seien. Damals hatte der von den USA geförderte selbsternannte »Interimspräsident« Juan Guaidó mit Unterstützung einiger aufständischer Militärs den rechten Oppositionellen Leopoldo López gewaltsam aus dem Hausarrest befreit und zum Sturz des gewählten Präsidenten Nicolás Maduro aufgerufen. »Sein Ende beginnt heute«, hatte Guaidó gerufen und hinzugefügt: »Unsere ›Operation Freiheit‹ geht jetzt in die entscheidende Phase.«

Leopoldo López hatte sich nach der missglückten Aktion gen Spanien abgesetzt, um sich den Ermittlungen der venezolanischen Justiz zu entziehen. Dort hält sich laut Agenturmeldungen derzeit auch Borges auf. Der neue Haftbefehl gegen Borges wurde wegen des Vorwurfs des Hochverrats, der Verschwörung und der kriminellen Vereinigung beantragt. Der Fall solle vor einem »Antiterrorismusgericht« verhandelt werden, berichtete der russische Auslandssender RT. Der Generalstaatsanwalt erinnerte daran, dass gegen Julio Borges bereits zwei Haftbefehle vorliegen: »einer wegen seiner direkten Beteiligung am Diebstahl des in England deponierten Goldes der Republik und der andere wegen Planung und Finanzierung eines Attentats auf den Staatschef«. Den nunmehr dritten Haftbefehl begründete Saab damit, dass am 13. Januar ein bisher nicht bekanntes Video veröffentlicht worden sei, in dem der flüchtige López angibt, dass Borges »direkt und wesentlich« am Putschversuch vom 30. April 2019 beteiligt war.

In Zusammenhang mit dem Putschversuch habe man bisher gegen 93 Personen ermittelt, von denen sieben verurteilt wurden, sagte Saab. Während andere Verfahren noch liefen, befänden sich 38 Verdächtige auf der Flucht vor der Justiz. Auch Julio Borges hat sich der Strafverfolgung entzogen. Die kolumbianische Rechtsregierung unter Präsident Iván Duque (2018–2022) hatte ihm politisches Asyl gewährt. Von Bogotá aus agierte er als »Außenminister« der von Juan Guaidó geführten »Interimsregierung«, die von den USA und rund 50 weiteren der 193 UN-Mitgliedsländer anerkannt worden war. Ende Dezember 2021 gab Borges diese Position auf, weil die Übergangsregierung, die er als »sinnvolles Instrument, um aus der Diktatur herauszukommen«, bezeichnet hatte, nicht ihren Zweck erfülle.

Tarek William Saab habe während seiner Pressekonferenz darauf hingewiesen, dass »sowohl Julio Borges als auch Leopoldo López Teil eines konspirativen Komplotts des extremistischen Sektors sind, der die Politik zu seinem Vorteil genutzt hat«, berichtete der staatliche Fernsehsender VTV am Montag. »Sie nutzten die internationale Lobby, die ihnen vom US-Imperium zur Verfügung gestellt wurde, um jede Vorstellung von einem Heimatland mit angemessenen Löhnen, Lebensmittelpreisen und kollektiven Menschenrechten auszulöschen«, betonte er. Der Generalstaatsanwalt prangerte zugleich an, dass Venezuela durch die von der extremen Rechten unterstützten Sanktionen und Blockaden seit 2015 jedes Jahr rund 44 Milliarden US-Dollar verloren habe. »Durch die blockierten, einbehaltenen oder beschlagnahmten Vermögenswerte und Ressourcen außerhalb des Landes ist Venezuela außerdem ein Vermögensschaden von mehr als 30 Milliarden Dollar entstanden«, wie Tarek William Saab laut einem Bericht des VTV-Onlineportals weiter ausführte.

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