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Aus: Ausgabe vom 11.01.2023, Seite 4 / Inland
Kapital und Kohle

Lützerath unter Belagerung

Mit Wasserwerfern und Reiterstaffel: Polizei bereitet Räumung des Dorfes vor
Von Nick Brauns
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Das von Aktivisten errichtete Monopod wurde am Dienstag von der Polizei geräumt (Lützerath, 10.1.2023)

Das Wort »Klimaterroristen« ist zum Unwort des Jahres 2022 gewählt worden. Das hat eine Jury aus Sprachwissenschaftlern in Marburg am Dienstag bekanntgegeben. Aber bei den Regierenden scheint diese von konservativen Politikern und rechten Publizisten propagierte absurde Gleichsetzung von gewalttätigen Terroristen mit Ökoaktivisten, die Aktionen zivilen Ungehorsams wie Straßenblockaden durchführen, auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein.

Diesen Eindruck erweckt zumindest das Großaufgebot der Polizei aus mehreren Bundesländern, das zuletzt rund um den von Klimaschutzaktivisten besetzten Ort Lützerath in Nordrhein-Westfalen zusammengezogen wurde. Aus Bayern wurden etwa eine Wasserwerfer- und eine Reiterstaffel sowie zwei Hundertschaften, darunter die berüchtigte Prügeltruppe USK, nach NRW geschickt, das »rot-grün-rot« regierte Berlin hat drei Hundertschaften bereitgestellt.

Seit Dienstag gilt eine Allgemeinverfügung, die der Polizei die legale Möglichkeit der Räumung von Lützerath gibt. Der Ort, der dem Braunkohletagebau Garzweiler II des Energiekonzerns RWE weichen soll, ist zu einem Symbol des Widerstands gegen den das Klima schädigenden Fossilkapitalismus geworden. Trotz Aufenthaltsverbot harren Aktivisten auf rund zwei Dutzend Baumhäusern sowie in verbarrikadierten Gebäuden aus. Zu ihrer Unterstützung sind Hunderte Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet angereist. Auch die Kobundesvorsitzende der Partei Die Linke, Janine Wissler, und die Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler waren am Dienstag dort, um – wie sie auf Twitter erklärten – Solidarität mit den Menschen zu zeigen, »die sich hier für Klimaschutz und Demokratie einsetzen, gegen die Profitinteressen von RWE«.

»In Lützerath versammeln sich in diesem Augenblick Menschen aus allen Generationen, Familien, christliche Initiativen, Landwirt:innen«, berichtete Luisa Neubauer von Fridays for Future auf Twitter. »Es ist nicht radikal, dort zu sein, es ist radikal, der Zerstörung freien Lauf zu lassen«, so Neubauer, die auch Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen ist. Die von dieser Partei geführten Wirtschaftsministerien in NRW und im Bund hatten sich mit RWE auf den Abriss von Lützerath verständigt.

Die Polizei stellt sich auf einen Einsatz von bis zu vier Wochen ein, wie der zuständige Aachener Polizeipräsident Dirk Weinspach gegenüber dem Sender Phoenix erklärte. Am Dienstag begannen Polizisten bereits mit der Entfernung von Barrieren im Umfeld des Dorfes. Rund 300 Aktivisten versuchten, die Beamten mit Menschenketten und einer Sitzblockade, zu der sich einige Teilnehmer einen halben Meter tief in die Erde eingegraben hatten, aufzuhalten. Die Polizei prügelte mehrfach in die Menge, trug Blockierer weg und holte zwei Aktivisten mit einer Hebebühne von einer Art Hochsitz. Mit der Räumung des Ortsinneren wird ab Mittwoch gerechnet.

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