Solidarität und Härte in Lützerath
Von Henning von Stoltzenberg
Trotz eines geltenden Aufenthaltsverbots rechnen Kohlekraftgegner mit »etlichen tausend« Protestierenden: Für den 14. Januar hoffen die Klimaschutzaktivisten, die sich für den Erhalt des vom Braunkohletagebau Garzweiler bedrohten Dorfes Lützerath in NRW einsetzen, auf rege Beteiligung an der geplanten Großdemonstration. Dabei sei es »zentral, dass die Proteste friedlich und gewaltfrei bleiben«, sagte Christoph Bautz vom Kampagnennetzwerk Campact am Freitag vor Journalisten. Mit Blick auf den derzeit von Protestierenden besetzt gehaltenen Weiler sprach Bautz von einem »Hotspot der Klimabewegung«. In den letzten Tagen war es unter anderem am Eingang des besetzten Dorfes zu mehreren Polizei-Übergriffen auf Aktivistinnen und Aktivisten gekommen.
Wohl auch um solches Vorgehen der Staatsgewalt zu legitimieren, behauptete das Landesamt für Verfassungsschutz am Freitag, in Lützerath seien von den dort etwa 130 gezählten Aktivisten 30 »gewaltbereit«. Diese Zahlen könnten aber variieren, hieß es. An der Demonstration soll trotz des derzeit bestehenden Aufenthaltsverbots in dem Ort im rheinischen Braunkohlerevier festgehalten werden. »Die Demonstration wird auf jeden Fall stattfinden«, sagte Linda Kastrup, Sprecherin von Fridays for Future. Auch eine vorherige Räumung durch die Polizei solle das nicht verhindern.
Eine Verfügung des Kreises Heinsberg bietet den Behörden die rechtliche Grundlage, Lützerath ab dem 10. Januar zu räumen. Rund um das Dorf hat der Energiekonzern RWE bereits damit begonnen, schweres Gerät für den Abriss zu postieren. Aktuell sollen sich nach Angaben der Initiative »Lützerath bleibt« etwa 300 Menschen im Ort aufhalten, um diese Bauarbeiten zu stoppen, wie Initiativen-Sprecherin Ronni Zepplin erklärte. Neben der Demonstration wurden als Protest auch Sitzblockaden, die Errichtung von Baumhäusern und die weitere Besetzung von Häusern angekündigt.
In mehreren Städten bundesweit fanden am Freitag Solidaritätsdemonstrationen für den Erhalt von Lützerath und das Ende des Braunkohleabbaus statt, unter anderem in Dortmund, Bochum, Hannover und Berlin. Zudem kursiert ein Onlineaufruf unter dem Motto »Call to Action: Lützi bleibt. Banken abbaggern!«, der sich gegen Filialen von Banken richtet, die mit RWE Geschäfte machen. So habe zum Beispiel die Deutsche Bank Ende 2021 mehr als 1,2 Milliarden Euro in europäische Kohleunternehmen investiert, davon über 378 Millionen in den Garzweiler-Betreiber.
Die Klimaschutzaktivisten fordern als »Last-Minute-Stop« die Durchsetzung eines Räumungsmoratoriums, um die Abbaggerung des Orts zu verhindern. Beklagt wird zudem die Verfehlung des 1,5-Grad-Zieles durch die Bundesregierung durch die fortschreitende Kohleverstromung.
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