USA loten »rote Linien« aus
Von Jörg Kronauer
Offener Streit zwischen Russland und den USA hat den am Sonntag zu Ende gegangenen Gipfelreigen des südostasiatischen Staatenbundes ASEAN sowie einer ganzen Reihe anderer Staaten in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh überschattet. Die Biden-Regierung versuchte die Zusammenkünfte zu nutzen, um ihre Stellung in Südostasien auszubauen und Chinas wachsenden Einfluss in der Region zurückzudrängen. »ASEAN steht im Mittelpunkt der Indopazifikstrategie meiner Regierung«, äußerte US-Präsident Joseph Biden, der zudem eine »neue Ära der Kooperation« zwischen den Vereinigten Staaten und Südostasien ausrief. Russlands Außenminister Sergej Lawrow erklärte, »die USA und ihre Verbündeten sowie die NATO« versuchten, »diese Region zu schlucken« – »mit dem offensichtlichen Fokus darauf, China und die russischen Interessen in der Region einzugrenzen«. Lawrow nahm anstelle von Präsident Wladimir Putin am Sonntag am East Asia Summit teil, einem Gipfel von ASEAN und acht einflussreichen Pazifikanrainern.
Während der Konflikt zwischen Russland und den USA die Einigung auf eine gemeinsame Erklärung im Anschluss an den East Asia Summit unmöglich machte, kündigten etwa Indien und China jeweils einen Ausbau ihrer Zusammenarbeit mit ASEAN an. Das geht aus den Abschlusserklärungen nach dem 19. ASEAN-Indien-Gipfel sowie dem 25. ASEAN-China-Gipfel hervor, die jeweils am Samstag stattfanden. ASEAN und China stellten darin Verhandlungen über den Ausbau ihres Freihandelsabkommens in Aussicht.
Mit Spannung erwartet wird das Treffen zwischen Biden und Chinas Präsident Xi Jinping, das am Montag auf Bali stattfinden soll – unmittelbar vor dem G20-Gipfel, der dort am Dienstag beginnt. Biden und Xi kennen sich aus den vier Jahren von Anfang 2009 bis Anfang 2013, als sie gleichzeitig als Vizepräsidenten amtierten, haben sich aber seither nicht mehr persönlich getroffen. Biden erklärte, er wolle »herausfinden, wo die roten Linien« beider Staaten lägen – eine Äußerung, die auf die Bereitschaft der USA hindeutet, sich im Machtkampf gegen China dessen roten Linien zumindest gefährlich weit zu nähern.
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