Von außen geplant
Von Knut Mellenthin
Iranischen Angaben zufolge soll es sich ausschließlich um Nichtiraner aus Aserbaidschan, Tadschikistan und Afghanistan handeln. Am Montag wurden im Zusammenhang mit dem Terrorangriff auf eine Pilgerstätte in der südiranischen Stadt Schiras am 26. Oktober 26 Personen verhaftet, die an der Tat beteiligt gewesen sein sollen. Dies teilte das für die Nachrichtendienste zuständige Ministerium in Teheran mit.
Der Anschlag war von nur einem Mann ausgeführt worden, der das unter dem Namen Schah-Tscheragh-Schrein bekannte schiitische Heiligtum mit einem Schnellfeuergewehr betreten und um sich geschossen hatte. Er tötete mindestens 15 Menschen, darunter eine Frau und zwei Kinder, und verletzte 19 weitere, bevor er niedergeschossen oder -geschlagen wurde. Der Täter, nach Angaben des Ministeriums ein Staatsbürger Tadschikistans, starb später im Krankenhaus an den Folgen seiner Verletzungen. Iranische Stellen hatten in ersten Meldungen von zwei oder drei Mordschützen gesprochen. Der wirkliche Tathergang ist aber durch die Überwachungskameras eindeutig dokumentiert.
Nicht überzeugend
Im Bericht des Nachrichtendienstministeriums vom Montag wird außerdem ein Afghane genannt, der »Unterstützung« bei dem Angriff geleistet habe. Worin diese bestanden haben soll, wurde bisher offenbar nicht erläutert. Der wichtigste »Koordinator« vor Ort war dem Ministerium zufolge ein Bürger Aserbaidschans, der mit dem Flugzeug aus dessen Hauptstadt Baku gekommen sei und mit dem internationalen Terrornetzwerk »Islamischer Staat« (IS), im Iran meist »Daesch« genannt, kommuniziert habe.
Die insgesamt 26 »Takfiri«-Terroristen – ein weiterer im Iran üblicher Begriff, wo selbstverständlich nicht von »Islamisten« gesprochen wird – seien in verschiedenen Provinzen des Landes aufgespürt worden, während andere beim Versuch, über die Ostgrenzen zu flüchten, festgenommen worden seien. Ob diese nach Turkmenistan, Afghanistan oder Pakistan wollten, wurde in der Mitteilung des Ministeriums nicht erläutert.
Unklar bleibt außerdem, warum und in welcher Weise mindestens 26 Ausländer aus drei Staaten an einem Anschlag beteiligt gewesen sein sollen, der praktisch von nur einem einzigen Mann durchgeführt wurde. Auch die Annahme, dass es keine iranischen Unterstützer gegeben habe, wirkt nicht überzeugend.
Weiterer Anschlag geplant?
In der Darstellung, die das Teheraner Ministerium am Montag veröffentlichte, heißt es ferner, einige der Verhafteten – weder deren Zahl noch konkrete Details wurden dabei erwähnt – hätten einen weiteren Terroranschlag in Zahedan, der Hauptstadt der südöstlichen Provinz Sistan und Belutschistan, geplant. In der Provinz, die an Afghanistan und Pakistan grenzt, gibt es immer wieder Zwischenfälle sowohl mit bewaffneten Separatisten als auch mit Banden von Drogenschmugglern.
Der IS veröffentlichte über seinen Nachrichtenkanal »Amaq« eine Stellungnahme, mit der das Terrornetzwerk den Angriff auf den Schrein in Schiras für sich reklamierte. Ein Video zeigte den Mordschützen vor der Tat. Die Anschläge des »Islamischen Staates« richten sich nahezu ausschließlich gegen Teile der islamischen Weltgemeinschaft, insbesondere Schiiten, die von den Fanatikern als »Ungläubige«, »Ketzer« und »Renegaten« angesehen werden. Die letzte große Operation vor dem jetzigen Anschlag war ein Doppelangriff am 7. Juni 2017 in Teheran, der sich gleichzeitig gegen das Parlamentsgebäude und gegen das Mausoleum des ersten »Revolutionsführers« Ruhollah Chomeini richtete. Beteiligt waren damals fünf bewaffnete Männer. Sie töteten 17 Menschen und verletzten 43 weitere.
Vor der Mitteilung des Nachrichtendienstministeriums vom Montag hatten mehrere iranische Politiker den Anschlag in Schiras einerseits mit den anhaltenden Protesten nach dem Tod der 22jährigen Mahsa Amini im Polizeigewahrsam in Zusammenhang gebracht und zugleich eine direkte Drahtzieherrolle der USA und Israels konstruiert. Davon ist jedoch im Bericht des Ministeriums nicht die Rede.
Aufklärung statt Propaganda
Die Tageszeitung junge Welt liefert Aufklärung statt Propaganda! Ihre tägliche Berichterstattung zeigt in Analysen und Hintergrundrecherchen auf, wer wie und in welchem Interesse handelt. Jetzt das Aktionsabo zum Preis von 75 Euro für 75 Ausgaben bestellen!
Ähnliche:
- AP Photo/Rahmat Gul/dpa05.11.2020
Anschlag auf Studenten
- REUTERS/Rodi Said13.11.2017
Great Game
- Reuters/Montage: jW15.04.2017
Der Irre mit der Bombe
Regio:
Mehr aus: Ausland
-
Ukrainische Gerüchteküche
vom 09.11.2022 -
US-Admiral prophezeit Krieg gegen China
vom 09.11.2022 -
»Ich bin Guerillera – wie viele Frauen in Kurdistan auch«
vom 09.11.2022 -
Herero und Nama geben nicht auf
vom 09.11.2022 -
Khan gegen Kompromiss
vom 09.11.2022 -
Assad attackiert Al-Qaida
vom 09.11.2022