Kurdistan-Expertin des Tages: Marion Sendker
Von Emre Şahin
Die Türkei und der kurdische Terror – so heißt ein Beitrag, der kürzlich im Deutschlandfunk erschienen ist. Die Autorin Marion Sendker ist laut einfacher Google-Suche »Teil eines Netzwerks türkischer und europäischer Nachwuchsführungskräfte aller Sektoren«. Wenn das nicht wichtig klingt. Ehrlich gesagt: Seit Martin Lejeune gab es selten so viel Bullshit auf einem Haufen.
Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) stehe im Westen auf Terrorlisten – Sendker erklärt nicht wieso, aber das muss ja schließlich was heißen, nicht? Der Kampf der PKK habe in mehr als 40 Jahren über »40.000 Tote gefordert«. Dass die Opfer größtenteils Kurdinnen und Kurden waren und die türkische Armee nicht Zeppeline über kurdische Dörfer hat fliegen lassen, bleibt unerwähnt. Auch verdiene die PKK ihr Geld durch »Drogen- und Menschenhandel«. Auf Anfrage der Linkspartei erklärte jedoch die Bundesregierung bereits vor Jahren, dass es dazu keine Erkenntnisse gebe. Im Beitrag kommen dazu zwei »Experten«: Ercan Citlioglu, Exgeneral und Berater der türkischen Armee, der die Kurden im Beitrag mit einer Zwiebel vergleicht (What the fuck?). Und Turkologe Walter Posch, bei dem Sendker offensichtlich Spielschulden hat, so oft wie sie ihn in letzter Zeit für O-Töne anfragt. Auf Kritik im Netz, dass über Kurden und nicht mit ihnen gesprochen werde, erklärte der DLF Donnerstag abend, man habe »PKK-nahe Menschen« versucht zu erreichen. Aha.
In meiner Zeit als Journalist in Istanbul habe ich viele Leute vom Typ Sendker getroffen: Deutsche, die ein Orhan-Pamuk-Buch gelesen haben und glaubten, nun alles zu wissen; die auf Twitter ein nachdenkliches Foto am Bosporus zeigen; jeden Text mit: »Istanbul – hier treffen sich Orient und Okzident« beginnen; und der Horror: den Teesatz mittrinken. Iih. Was hier versucht wird: Ein Staatssender bereitet einem künftigen Krieg den Boden.
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